Die Duisburger Sängerin Stina Holmquist und ihre Band haben sich in der regionalen Musikszene NRWs längst einen Namen gemacht. Ihr atmosphärischer Pop-Sound vereint tanzbare Beats und große Gefühle.
Hunderte Menschen sitzen an einem warmen Sommerabend auf der Wiese vor der Konzertbühne im Bonner Stadtgarten. Die Sonne steht tief und die letzten goldenen Strahlen spiegeln sich schimmernd im Rhein, als der Moderator die nächste Band ankündigt: Stina Holmquist. Der Name klingt nach Skandinavien, nach Astrid-Lindgren-Büchern und rot gestrichenen Sommerhäusern. Der Bandname ist kein Zufall: Stina und Lasse Holmquist haben schwedische Wurzeln. Der Vater der Geschwister kommt aus Schweden. Aufgewachsen sind sie aber in Duisburg, mitten im urbanen Ruhrgebiet. Hier gründeten die Sängerin und der Schlagzeuger zusammen mit Paul (Synthesizer, Posaune), Tarik (Gitarre) und Joshua (Bass) vor zwei Jahren ihre Band.
Mit Stina als Frontfrau haben die fünf 2022 ihre ersten Songs veröffentlicht. Zwei Jahre später folgte die Debüt-EP »It Dances On The Windowsill.« Ihr Repertoire reicht von tanzbaren Uptempo-Stücken wie »I Don’t Call You Home Anymore« bis hin zum traurig-schönen »Blue Light«. Die frische Indie-Pop-Nummer »I Do« bleibt mit ihrem eingängigen Refrain direkt im Ohr hängen. Im Bonner Stadtgarten beweist die junge Band, wie wandelbar sie auch live jetzt schon ist. Der Sound »Does everything stop at some point?« etwa erinnert an Reggae-Beats.
Stina spielt am liebsten live vor einem Publikum wie in Bonn. »Unsere Songs funktionieren auf der Bühne nochmal ganz anders«, sagt sie. In den letzten zwei Jahren war sie mit ihrer Band deshalb für mehr als 40 Konzerte in NRW unterwegs. Neben kleineren Release-Konzerten hatte die Gruppe auch Gigs auf großen Events wie Bochum Total oder dem Traumzeit Festival in Duisburg. Vergangenes Jahr war sie Support für die bekannten deutschen Bands Giant Rooks und Leoniden. Besonders in Erinnerung geblieben ist der Sängerin auch ihr Auftritt beim Asphalt Festival in Düsseldorf: Bei dem Konzert am Schwanenspiegel hörte das Publikum ihre Musik über Kopfhörer. »In der Pause zwischen den Sets war ich kurz vorm Weinen, weil die Atmosphäre intensiv und intim war«, erzählt Stina.
Stinas klare Stimme und ihre emotionalen Texte geben der Musik eine große Kraft. Sie singt über das Erwachsenwerden, über die Suche nach Halt, über Sehnsucht, Träume und Ängste. Themen, mit denen sich viele Menschen identifizieren können. In »I could cry ‚bout the news« reflektiert sie etwa den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – und das Gefühl von Ohnmacht angesichts solcher Katastrophen: »My head is spinning, it reels. Head over heels. I could cry ‚bout the news.«
Viele Lieder schreibt die 23-Jährige zuhause in Duisburg. Pop-Größen wie Lana del Ray oder Folk-Sängerin Lizzy McAlpine seien für sie eine wichtige Inspiration, sagt Stina. In ihrem Wohnzimmer steht ein Klavier direkt am Fenster. Dort probiert sie neue Melodien und Texte aus. »Anschließend arbeite ich gemeinsam mit Lasse an der Grundidee, danach folgen Strophen, Beats und Synthesizer.« Erst zum Schluss gehen die Songs ihren Weg in die Band, werden Gitarre und Bass hinzugefügt.
Musik liegt in der Familie
Die Geschwister sind mit Musik groß geworden. »Unsere Eltern spielen Gitarre und Klavier«, erzählt Lasse. »Als wir klein waren, lief zuhause immer Musik – viel Pink Floyd oder Björk, aber auch skandinavische Musiker*innen wie Tina Dico und Holmes.« Der heute 20-Jährige hatte bereits im Alter von fünf Jahren Schlagzeugunterricht. Stina begann mit acht, Klavier zu spielen, vier Jahre später nahm sie Gesangsstunden. »Schon als Kind hatte ich den Traum, Musikerin oder Schriftstellerin zu werden«, sagt sie. Heute kann sie beides miteinander verbinden.
Teil einer Band zu sein, das ist wie eine zweite Familie zu haben, hat ihr Produzent Alex Sprave einmal zu ihnen gesagt. Die vielen Stunden im Proberaum, das Unterwegs sein, die Live-Konzerte – »das schweißt uns auf jeden Fall zusammen«, sagt Stina. Teil einer Band zu sein bedeutet heute aber auch, dass man viel investieren muss: Zeit, Kreativität und natürlich auch Geld. Einen Großteil der Organisation – Marketing, Promotion, Videos, Social Media – übernehmen die Band-Mitglieder bisher selbst. Erst seit Kurzem haben sie eine eigene Booking-Agentur für die Planung ihrer Konzerte. Ihre Gagen fließen größtenteils zurück in das Projekt, finanzieren beispielsweise Equipment und Promotion. Auch aus diesem Grund wohnen Stina und Lasse momentan noch bei ihren Eltern.
Zusätzliche Unterstützung erhalten sie durch Förderungen von Land und Bund: 2023 haben sie den Lalla:Labor Förderpreis gewonnen, hinzu kamen Pop-Stipendien und eine Finanzierung durch die Initiative Musik. Der Support für junge Bands sei also nicht schlecht, sagen die beiden. Aber gerade im Pop-Bereich kann der Weg für Nachwuchsmusiker*innen auch steinig sein. »In einigen NRW-Städten gibt es ausschließlich Unterstützung für Klassik oder für Konzerte«, sagt Lasse. »Mit einer reinen Konzertförderung kommt man aber nicht weiter, wenn man kein Repertoire hat.« Auch deshalb haben die Geschwister einen Plan B: Lasse studiert derzeit noch Philosophie, Politik und Wirtschaft, Stina hat einen Bachelor-Abschluss in Creative Business in der Tasche.
In den kommenden Monaten steht aber erstmal Plan A auf dem Programm: Mit Stina Holmquist weiter wachsen. »Wir möchten den Versuch wagen und uns zu 100 Prozent auf die Band konzentrieren«, sagt Stina. Bisher sind sie damit auf einem guten Weg: Im Herbst stehen sie nicht nur in NRW, sondern auch in Hamburg und Berlin auf der Bühne.
30. August: Zeltfestival Ruhr, Bochum
1. November: Altes Pfandhaus, Köln
16. November: Schwarzer Adler, Rheinberg
17. November: Tresohr Sessions, Oberhausen
6. Dezember: Flöz K, Werne