Nach 20 Jahren Pause soll das legendäre Studio für elektronische Musik des WDR nun wieder in Betrieb gehen – als Teil eines neuaufgestellten Musikzentrums in Köln: »zamus 2.0«.
Mischpulte und Synthesizer, Sinus-Oszillatoren und Rauschgeneratoren – noch lagert das alte Equipment in einem Keller im Kölner Gewerbegebiet Ossendorf. Wiederholte Versuche, das legendäre Studio für elektronische Musik des Westdeutschen Rundfunks dort herauszuholen und wiederzubeleben, waren bisher gescheitert. Nun endlich aber haben die Stadt Köln und das Land NRW eine Lösung gefunden und Geld bewilligt. Auf einem ehemaligen Fabrikgelände im Kölner Kreativen-Stadtteil Ehrenfeld wird die revolutionäre Institution ein neues Zuhause finden. Unter dem Leuchtturm des alten Elektrotechnik-Unternehmens Helios soll sie in einer auf den ersten Blick recht originellen WG zusammenziehen mit dem Zentrum für Alte Musik, kurz zamus genannt, 2011 gegründet als Plattform für die freie Alte-Musik-Szene in NRW.
Auf der zweiten Etage im denkmalgeschützten Fabrikgebäude wird bereits heftig gebaut – Decken werden aufgebrochen, Wände eingerissen. Ein Entree und Konzerträume für das neue »zamus 2.0 / SEM« entstehen. Schalldichte Fenster müssen her. Dort, wo sich jetzt noch kleine »zamus«-Büros reihen, werden rund 250 Quadratmeter für das historische WDR-Studio und Nebenräume frei gemacht. Die alten technischen Gerätschaften aus dem elektronischen Musiklabor sollen hier nicht etwa hinter Glas und in Vitrinen ruhen. Der schöne Kölner Plan sieht vor, dass Forscher*innen, Musiker*innen und Wissenschaftler*innen sie künftig benutzen können. Um mit Elektrotechnik Musik zu generieren – wie einst Karlheinz Stockhausen etwa, Mauricio Kagel oder Bernd Alois Zimmermann.
Bei der Gründung des WDR-Studios 1951 war das etwas ganz Neues: elektronisch erzeugte Klänge, Musik ohne die herkömmlichen Instrumente. Monatelang konnten Komponisten einst im Kölner Musiklabor mit bis dahin nie gehörten Klangkonstruktionen spielen, mit Tonbandschnipseln und Rauschgeneratoren hantieren, mit Ringmodulatoren und Oktavfiltern experimentieren.
Das Studio machte Köln damals zum Dreh- und Angelpunkt der musikalischen Avantgarde, zur bedeutendsten Schaltzentrale für die Entwicklung der elektronischen Musik. Ganz so glanzvoll wie es klingt, darf man sich das ganze allerdings wohl kaum vorstellen. Das Studio »lag in einem Keller und man musste mit einem kleinen muffigen Aufzug hinunter«, so schilderte es der Komponist Konrad Boehmer einmal. Und vergleicht die Räumlichkeiten mit einer Studentenbude, die mit fünf, sechs Leuten schon voll und ständig verqualmt gewesen sei. »Da es nie genug Stühle gab, setzt man sich auf die Filter und Generatoren…«
Irgendwann kam die Technik dann in die Jahre, modernere Einrichtungen in Utrecht, Tokio oder New York setzten neue Standards für die elektronische Musik. Deshalb gab der WDR das Studio 2001 auf und wollte die Apparaturen zunächst verschrotten, verfrachtete sie dann aber doch lieber in den Ossendorfer Keller. Nach ausgiebigem Dornröschenschlaf werden sie nun also im schicken Ehrenfelder Industrie-Ambiente zu neuem Leben erweckt. Die Szene sei schon voller Erwartung, so heißt es. Wann darf man hinein ins alte neue Studio? Doch braucht es noch etwas Geduld. Erst 2026 sollen Umbau und Einrichtung abgeschlossen sein.