Die Corona-Pandemie hat vieles verändert und zudem für eine gewisse Orientierungslosigkeit gesorgt. Anfangs dachten nicht wenige, aus solchen Krisen lernen und angemessene Konsequenzen daraus ziehen zu können. Gleichzeitig gab es natürlich den Wunsch, möglichst schnell zur »alten Normalität« zurückzukehren. Doch können und wollen wir so weiter machen wie vor der Pandemie? Oder war diese Normalität unter politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Aspekten nicht schon bedenklich genug, so dass ein »Weiter so!« eher unklug wäre? Und welche Perspektiven gibt es stattdessen? Das Essener Literatürk-Festival stellt diese Fragen und seine Veranstaltungen unter das Motto »War was?«.
Headliner ist in diesem Jahr der Schriftsteller und FAZ-Feuilletonist Dietmar Dath, der gern hübsch popkulturell-verschraubte Filmkritiken schreibt und gefühlt jedes halbe Jahr ein neues, komplexes Buch unter die Fan-Meute wirft. Wie seinen neuen Roman »Gentzen oder: Betrunken aufträumen«, aus dem er zu Beginn des Festivals im Essener Filmstudio Glückauf liest. Die Zusammenfassung des Werkes ist wie immer eine Herausforderung – kurz gesagt handelt es von dem genialen Logiker Gerhard Gentzen, von Frank Schirrmacher, Jeff Bezos, einer schiefen Tante und der Suche nach unendlicher Rechenleistung für die Computersysteme dieser Welt.
Viktor Martinowitsch stellt am 9. November online sein Buch »Revolution« vor, in dem es um das mutwillige Verschwinden eines Moskauer Dozenten geht, um Manipulation und dem Wesen der Macht. Die Lesung des nigerianisch-amerikanischen Schriftstellers Helon Habila wird ebenfalls kostenlos gestreamt. Er liest aus »Reisen«, einer Selbstreflexion über die Themen Vertreibung und Migration (10. November). Die Düsseldorfer Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu Sanyal kommt mit ihrem Campus-Roman »Identitti« am 13. November in die Essener Zentralbibliothek, in dem sie sich selbstironisch mit den Diskussionen um die Identitätspolitik beschäftigt. Prof. Dr. Saraswati, Professorin für Postcolonial Studies in Düsseldorf, die sich bisher als Person of Colour beschrieb, ist tatsächlich weiß! Was natürlich zu einem Skandal an der Universität und rauen Shitstürmen im Netz sorgt.
»Die Erfindung des Dosenöffners« steht einen Tag später auf dem Festivalprogramm. Der Comedyautor und Journalist Tarkan Bagci, der bereits für Formate wie das Neo Magazin Royale, Kroymann und Knallerfrauen schrieb, liest in der Casa/Box des Schauspiels Essen aus seinem Debütroman. Darin steht ein junger Journalist im Mittelpunkt, der in der Lokalredaktion einer Kleinstadtzeitung feststeckt und auf der Suche nach dem ganz großen Thema ist.
Dazu gibt es ein Rahmenprogramm aus Schreibworkshops und Poetry Slams im Kulturzentrum Grend, ein Konzert des syrischen Pianisten Aeham Ahmad im Bille-Forum und das Stück »Ab durch die Mitte« des Theater Freudenhaus. Zudem ist am 23. November in der VHS die Buchpremiere der 17. Essener Anthologie geplant, an der Kinder und Jugendliche mitgeschrieben haben. Gefeiert wird die Veröffentlichung nun gemeinsam.
8. bis 17. November 2021; www.literatuerk.com; www.youtube.com/literatuerkessen