…ist, dass für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz noch immer kaum Regeln vorhanden sind, die einerseits eine sichere Anwendung und andererseits eine gerechte Bezahlung für die schöpferisch Tätigen in Kultur und Medien gewährleisten.
Warnungen von Experten vor der möglichen Vernichtung einer Menschheit durch Künstliche Intelligenz sind natürlich einerseits erschreckend. Andererseits sind sie aber auch wichtig, da wir in einer Situation sind, die die Menschheit bislang noch nie gekannt hat. Die Technologie von KI entwickelt sich exponentiell, das heißt immer schneller, während unsere Lernkurve des Umgangs mit der KI linear bleibt. Wir haben in der Vergangenheit vermutlich alle schon mit Künstlicher Intelligenz Berührungspunkte gehabt, die Kontaktpunkte beider Kurven liegen jedoch in der Vergangenheit, während sich die Technologie rasant weiterentwickelt. Es fehlt in unserer Gesellschaft eine ernsthafte Debatte darüber, was wir dieser Technologie eigentlich zugestehen wollen und wo wir Grenzen ziehen, also Leitplanken setzen, an denen wir unseren Umgang mit KI ausrichten können.
Mich selbst als Filmkomponist und Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht beschäftigt neben dem Umgang mit geistigem Eigentum der Umgang mit personenbezogenen Daten. Der beginnt bereits beim Training der KI. Ob Musik, Texte oder Bilder: Die KI lernt vom Menschen, häufig ohne, dass die Urheber*innen bzw. Besitzer der Trainingsdaten davon wissen, da ihr Ursprung häufig vollkommen unklar ist. Die Richtlinien zur Datennutzung waren eben immer zur Forschung gedacht und nie zur Monetarisierung von großen, kommerziell ausgerichteten Unternehmen, die nun das geistige Eigentum von kreativ Schaffenden nutzen, um ihr Produkt noch erfolgreicher zu machen. Große Teile generativer KI beruhen auf einem riesengroßen Diebstahl.
Nun sind wir an einem Punkt, an dem die Maschinen nicht mehr vergessen können. Das Gelernte ist gelernt.
Wir müssen nun damit umgehen, dass wir ungewollt die Technik, die uns Kreative ersetzen soll, selbst gefüttert haben. Bei der Entstehung neuer Werke greift im Sinne des Urheberrechts ein entscheidender Punkt: Es bedarf einer natürlichen Person, um überhaupt ein KI-Erzeugnis als schutzfähiges Werk anzuerkennen. Wenn ohne diese Person das Kunstwerk nicht möglich gewesen wäre, dann kann sie (Mit-)Urheber*in des Werkes sein. Selbstverständlich benutze ich auch KI in meiner Arbeit, beispielsweise, wenn ich Musik mische und dafür Computerprogramme benutze. Dementsprechend wäre es unsinnig, den Einsatz von KI in der Produktion von Kunst zu verbieten, es braucht eben nur sinnvolle Regeln. Dabei geht es in der Debatte um KI um mehr als Urheberschaft oder Kunst und Kultur. Wenn KI immer mehr Aufgaben in unserem Alltag übernimmt und immer Jobs obsolet macht, müssen wir neu über die derzeitige Form von Beschäftigungsverhältnissen nachdenken und auch Einkommenskonzepte neu diskutieren, denn KI stellt auch das klassische Konzept der Erwerbsarbeit, auch in Kunst und Kultur, infrage.
Das alles ist faszinierend, ja, aber auch beängstigend. Ich möchte weder blinder Euphorie hinterherrennen, noch möchte ich Weltuntergangsszenarien malen. Alles was ich will, ist ein Diskurs, der in eine Zukunft führt, in der Künstler*innen für ihre Arbeit wertgeschätzt werden und die Menschen in Würde leben können.
Aufgezeichnet von Jakob Stärker
Name: Matthias Hornschuh
Alter: 54
Beruf: Filmkomponist
Wohnort: Köln
Matthias Hornschuhs Filmmusiken laufen auf Festivals, im Kino oder Fernsehen. Seine Hörspiele wurden mehrfach ausgezeichnet. Der Musikwissenschaftler und Musiker gründete das internationale Forum für Filmmusik SoundTrack_Cologne mit, das er über 15 Jahre leitete. Er ist Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht, die in der Diskussion ums Thema Künstliche Intelligenz mehr Schutz für kreative Leistungen fordert.