…das wissen am besten sie, die Buchhändler*innen im Land. Seit 45 Jahren betreibt Hasan Şahin den ältesten Laden für Literatur in Dortmund, das »Taranta Babu« im Klinikviertel – dabei hat der 78-Jährige nicht einmal Buchhändler gelernt. Nicht nur das ist ungewöhnlich an dem Ort, an dem man weit mehr als nur Bücherkaufen kann: Er ist zugleich Antiquariat und Archiv, Café und Kneipe, Treffpunkt, Studienzimmer und Veranstaltungsort, betrieben als Verein.
Bis fast unter die Decke reichen die Holzregale in dem charmant-gemütlichen, deutlich in die Jahre gekommenen Ladenlokal. »Frauen«, »Psychologie«, »Ökologie«, »Orient/Okzident« oder »Entwicklungspolitik« sind die Regalreihen überschrieben. Wer hierher kommt, will entweder tief in Themen eintauchen – oder diskutieren, sei es mit Gleichgesinnten der örtlichen Attac-Gruppe, sei es mit Hasan Şahin selbst. Und der erzählt gerne von seiner Überzeugung, Menschen durch Sprache und Literatur zusammenzubringen. Genau das trieb ihn in den späten 1970er Jahren an, als er gemeinsam mit deutschen Freunden zweisprachige Leseangebote für zugewanderte Kinder organisierte. Auch heute noch erweitert er den kulturellen Horizont seiner Gäste, organisiert Lesungen mit palästinensischen ebenso wie persischen oder jüdischen Autori*nnen. Der Name »Taranta Babu« stammt übrigens aus einem Gedicht des türkischen Dichters Nâzım Hikmet. »Leben wie ein Baum, einzeln und frei, und brüderlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht«, zitiert Şahin aus Hikmets »Briefen an Taranta Babu«.
Zuletzt hat er Literaturtaler des LiteraturRat NRW bekommen – für seine Verdienste um die interkulturelle Literaturförderung im Ruhrgebiet.
Hasan Şahin empfiehlt Aladin El-Mafaalani: »Wozu Rassismus?«
»Ich habe das Buch leider nicht selbst gelesen«, sagt Hasan Şahin – durch eine Augenkrankheit ist er seit vielen Jahren fast erblindet. »Aber ich kenne Aladin, seit er ein Junge ist. Wir haben viel über diese Themen gesprochen.« El-Mafaalani, seit April Professor für Migrations- und Bildungssoziologie an der TU Dortmund, beschreibt in seinem Sachbuch komprimiert und verständlich die Ursprünge, Erscheinungsformen und Funktionen von Rassismus, gibt einen Überblick über aktuelle Rassismus-Diskurse in Wissenschaft und Gesellschaft und erklärt, warum sich diesen Diskursen niemand entziehen kann: Rassismus betrifft uns ausnahmslos alle, sei es durch Benachteiligung, sei es durch Privilegierung.
Aladin El-Mafaalani: Wozu Rassismus?, Kiepenheuer & Witsch, 185 Seiten, 12 Euro