TEXT STEFANIE STADEL
Ein großes goldenes Ei liegt quer im Zentrum des Plakats. Drum herum wird eine eigenartige Ausstellung angekündigt. »Der Adler vom Oligozän bis heute« war ihr Titel – sie eröffnete am 16. Mai 1972 in der Kunsthalle Düsseldorf. Ausgedacht hatte sich das Marcel Broodthaers, jemand, über den die Szene damals sprach. Vor allem sein mehrteiliges Projekt eines »Musée d’Art Moderne« machte die Runde. Genau um dieses fiktive Museum sollte es auch in der 1972 plakatierten Ausstellung gehen.
Keine Schau fürs große Publikum dürfte das gewesen sein. Viel eher wohl haben sich Spezialisten angesprochen gefühlt von Broodthaers’ goldenem Ei und der Geheimniskrämerei. Das war schon immer so. Während Kollegen und Kuratoren den 1924 geborenen Künstler-Intellektuellen mit seinem reichen wegweisenden Werk einstimmig bejubeln, schaut Jedermann eher schulterzuckend in seine komplizierten Essays, auf die Minifilme und jene schwer zu entschlüsselnden Schriftbilder, die manchmal ganze Räume okkupieren. Was hat es auf sich mit den gereihten Eierschalen, den Kohleklumpen, den hölzernen Pommes frites oder den Töpfen voller Miesmuschelschalen? Und warum entschließt der Belgier sich 1968 dann auch noch zur Gründung eines eigenen Museums?
Fragen, die erneut im Raum stehen werden, wenn die Broodthaers-Retrospektive nach Stationen in Madrid und im New Yorker Museum of Modern Art im K21 / Düsseldorfer Ständehaus die kurze Schaffenszeit des 1976 früh verstobenen Künstlers überblickt. Nur gucken reicht nicht. Denn alles, was Broodthaers macht, will als Zeichen verstanden werden, will mit Bedeutung gefüllt werden – auch die leeren Eier- und Muschelschalen. Niemals genügt das sinnliche Erlebnis, immer geht der Kunstgenuss mit intensiver Denkarbeit einher.
Zum Beispiel angesichts jenes Bücherstapels, den der 40-Jährige 1964 eingipst und auf den Sockel hebt. Es war nicht irgendein Buch, an dem Broodthaers sich vergriff – das muss man wissen. Es handelt sich um (…)
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KUNSTSAMMLUNG NRW, K21, DÜSSELDORF
4. MÄRZ BIS 11. JUNI 2017
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