TEXT: STEFANIE STADEL
Noch gar nicht so lange her ist es, da präsentierte sich MARTa als knuddeliges Baby auf großer Plakatwand. Inzwischen steckt sie im besten Kindergartenalter: Am 8. Mai brennen fünf Kerzen auf der Geburtstagstorte. Schon zum Start war klar: So ein Museum wird es an diesem Ort nicht leicht haben. Zeitgenössische Kunst im Dialog mit Design und Architektur – das ist nicht unbedingt ein Programm, mit dem man sich in einer Stadt wie Herford beliebt macht. Aber dass die Kleine einen solchen Wirbel verursachen würde, hätte man ihr denn doch nicht zugetraut.
Es fängt schon an mit MARTas ausgefallenem Outfit. Die Initiatoren hatten keinen Geringeren als Frank O. Gehry engagiert, dem Goldkind eine Hülle zu geben. Schwungvoll verschachtelt gestaltete er den Bau. Als zweiten Promi-Paten konnte man seinerzeit den renommierten Museumsmann und Leiter der documenta 9, Jan Hoet, in die ostwestfälische Provinz locken. Ganz sicher nicht der rechte Direktor, MARTa in ruhige Bahnen zu führen. Zwar hat sich der eigenwillige Belgier inzwischen von seinem Zögling verabschiedet und Roland Nachtigäller den ungemütlichen Chefsessel im Museum überlassen. Damit entfällt zumindest der von und um Hoet heftig betriebene Personenkult. Die Kritik an MARTa scheint deshalb allerdings kaum leiser geworden.
Man nörgelt ob der schrägen Ausstellungen, die MARTa sich ins Haus holt. Möchte mehr Populäres sehen und will der Kleinen am liebsten noch dazu den Unterhalt empfindlich kürzen. Es gibt auch Sparfüchse unter den Herfordern, die verlangen, dass MARTa in ihrer noblen Bleibe Platz für weitere Kulturinstitutionen machen soll. Sogar die merkwürdige Idee, dort die Frühjahrs- oder Herbst-Möbel-Messen abzuhalten, ist schon öffentlich geäußert worden: Das Museum als eine Art Mehrzweckhalle mit künstlerischem Randprogramm.
Wie steht Nachtigäller, der neue Museumsleiter, zu all dem Lärm um seine MARTa? Ganz gelassen, wie es scheint. »Es ist ganz normal, dass ein solches Museum nicht von Anfang an von einer großen Welle mitgetragen wird«, sagt er. Und fügt hinzu, dass fünf Jahre schließlich noch kein Alter für so ein Institut sei. »So muss erst ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie man mit zeitgenössischer Kunst das Leben in einer Stadt mitgestaltet.«
Und wie will er das anstellen? Wichtig sei ihm zunächst, dass das Museum nicht als Parallelwelt funktioniere. »Wir wollen mit unserem Programm in die Stadt hineinwirken.« Das solche Bestrebungen nicht immer zum versöhnlichen Ziel führen, beweist allerdings der seit Monaten heftig wütende »Pylonenstreit« in Herford. Er hat seinen Namen von farbigen, über fünf Meter hohen Kegel-Kunstwerken des US-Bildhauers Denis Oppenheim, die an einem der Stadttore aufgestellt werden sollen. Eine alte Idee von Hoet, gegen die sich in Herford eine wahre Pylonenfront formiert hat. Demnächst steht der Bürgerentscheid an.
Doch auch davon lässt sich Nachtigäller die Geburtstagslaune nicht vermiesen. Er ist fest entschlossen, MARTa auf eingefahrenem Kurs weiter zu führen. Es soll ein Museum für zeitgenössische Kunst bleiben, das den Blick offen hält für Überschneidungsbereiche zu Architektur und Design. Das nicht im musealen Mainstream schwimmt, sondern neue eigene Akzente setzt. Demnächst etwa mit einer Ausstellung zur türkischen Designszene. Es soll eine Art Labor werden, eine Entwicklungsplattform, wo man sehr schnell erkennt, dass eine nationale Kennzeichnung angesichts der global vernetzten Szene überholt ist.
»Man muss die Sache mit Vertrauen und Begeisterungsfähigkeit auf den Weg bringen«, erklärt Nachtigäller seinen Plan. »Und dann beobachten, wie sie wächst und gedeiht.«