Sie überspannen Räume, verbinden Ufer, erheben uns: Brücken. Transitzonen, die für gewöhnlich nur von oben, von ihrer Nutzung her in den Blick geraten. Was unter ihnen geschieht, bleibt häufig im Verborgenen. Doch nicht hier: Was sich unter die Theodor-Heuss-Brücke duckt, ist nichts Geringeres als einer der interessantesten unter den wenigen Clubbing-Spots von Düsseldorf.
Sieben Fenster mit großen, weißen Buchstaben: Golzheim. So unprätentiös der Name (der Club ist schlicht nach dem Stadtteil benannt, in dem er liegt), so verheißungsvoll ist die Stahltür am Eingang, die sich in Wochenend-Nächten für die Schar von Elektronik-Fans öffnet, die den Weg unter die Brücke finden. Eingebettet, fast schon geborgen, fühlt man sich hier. Wie in einer Kapsel. In diesem 110 Quadratmeter großen Raum, der die Autos und Busse oberhalb nur erahnen lässt. Man taucht buchstäblich ab und ein in die Musik. Der Lärm der Stadt, ihr Dauerpulsieren – hier schrumpfen sie zum kaum vernehmbaren Wellengekräusel an der Oberfläche. Wie sagt ein Gast so schön: »Heaven exists.« Zumindest, wenn es um den Elektronik-Himmel geht.
DJs aus aller Welt, die hier überwiegend Vinylplatten auflegen, schätzen aber nicht nur das spezielle Soundsystem der Location. Auch die Atmosphäre und das heterogene Publikum zeichnen das Golzheim aus. Erst vor einem halben Jahr war einer der drei Mitbegründer des Technos zu Gast – Juan Atkins, einer der wichtigsten Vertreter des Genres. Ein Ritterschlag für den Ort. So wundert es nicht, wenn viele DJs vom Golzheim als einem der besten Underground Clubs Europas sprechen.
Man ahnt es bereits: Hier war kein Neuling am Werk. Tatsächlich ist Daniel Fritschi selbst DJ, Label-Betreiber, Industrial Designer und, fast noch wichtiger, mit einiger Erfahrung in der Elektroszene ausgestattet. Mit seinem Engagement etwa im »Ego-Club« in der alten Post und später dem »Foyer« am Worringer Platz hat er ab den späten 90er Jahren beigetragen, dass sich in Düsseldorf eine neue Generation der Elektronikszene formierte. Und nun eben unter der Brücke. Die Einladung in einen Raum für Subkultur, die einen roten Faden in der Arbeit Fritschis bildet, wird dabei nicht nur in Düsseldorf angenommen. So finden jedes Wochenende auch Gäste von der Ruhr und der »anderen« Rheinseite ihren Weg in die Uerdinger Straße 45.
Wie kam es dazu? Fritschi erinnert sich: »Mir sind damals die Fenster im Brückenkorpus der Theodor-Haus-Brücke ins Auge gestochen. Ich suchte gerade nach einer neuen Location.« Zentral gelegen sollte sie sein. Hier, an diesem für Passanten zunächst eher tot scheinenden Ort, wurde er fündig, erkannte sein ungeheures Potenzial und die von ihm ausgehende Spannung. Das ist tatsächlich der richtige Begriff, denn die Räumlichkeiten sollten ursprünglich ein Umspannwerk der Stadtwerke beherbergen.
Alles andere als unspannend sind auch die familiären Bande des Betreibers. Als Sohn des Architekten Niklaus Fritschi, der neben der Rheinuferpromenade auch für das »KIT – Kunst im Tunnel« und das Apollo Varieté unter der Rheinkniebrücke mitverantwortlich ist, war ihm eine gewisse Affinität zur Tiefe wohl mitgegeben. Beide teilen sie das Faible für unerschlossene Räume. Und so haben sie, ob bewusst oder unbewusst, eine Verbindungslinie zwischen den zwei markantesten Brücken der Stadt gezogen. Das Golzheim fügt sich in eine Art »Fritschi-Achse« entlang des Rheins: Beginnend mit der Kulturmeile an der Rheinkniebrücke, der Rheinuferpromenade folgend bis zur Theodor-Heuss-Brücke. Der Blick nach unten kann Spannendes zu Tage fördern.