Die Stadt Köln geht nicht gut um mit ihrem Wilhelm Riphahn: Sein bekanntestes Ensemble, die Oper und das Schauspielhaus, werden immerhin saniert, sorgen aber als Dauerbaustelle für Schlagzeilen. Derweil ist sein markantes Restaurant, die Bastei am Rhein, so marode, dass sie seit Jahren nicht mehr betreten werden kann.
Was wäre es schön gewesen, den 100. Geburtstag der Bastei mit einem Stück Kuchen und einem Kaffee oder vielleicht auch mit einem Sekt zu feiern. In der Bastei, nicht davor, so wie es der »Freundeskreis Bastei« am 22. Oktober 2024 tat. Zwangsläufig. Denn betreten durfte auch sie eines der schönsten 20er-Jahre-Restaurants Deutschlands nicht.
Nach kurzer Planungs- und Bauzeit war das über dem Rhein thronende Gebäude am 22. Oktober 1924 eröffnet worden. Ein spektakulärer Entwurf und der Durchbruch des damals noch unbekannten Architekten Wilhelm Riphahn. Er hatte das Restaurant auf eine dahin als Aussichtsplattform dienende preußische Kaponniere, einen Teil der Kölner Stadtbefestigung zum Rhein hin, gesetzt. Und wie: Eine runde Plattform kragt, nur von dünnen Stahlträgern gestützt, acht Meter über den tragenden Turm aus. Ursprünglich war es eine von einem gezackten Dach geschützte Terrasse, die aber schon bald wegen des starken Windes verglast wurde. Im Zentrum der Restaurantplattform befindet sich eine zeltförmige Dachkonstruktion, die auf schlanken Pfeilern ruht und den offenen Gastraum gliedert. Die Küche und alle notwendigen Nebenräume befinden sich entweder im ausgehölten Turm darunter oder in einem Vorbau an der Straße, nichts stört den Raumeindruck. Entstanden war so ein elegantes Restaurant, das wegen des Blicks über den Rheinbogen auf die Hohenzollernbrücke, die Altstadt und sogar den Dom besonders als Ausflugsziel beliebt war. Joachim Ringelnatz verewigte den Blick 1932 in seinem Gedicht »Köln von der Bastei gesehen« – nur eines fehlte ihm zum Glück: »Ich wünsche: Es möchte sich die Bastei jetzt karussellartig drehen.«
Geschlossen und einsturzgefährdet
Davon träumt heute in Köln niemand, man wäre schon glücklich, überhaupt in die Bastei hineinzukommen. Seit 1997 wurde sie nur noch für Events genutzt, seit 2019 ist sie ganz geschlossen. Riphahn selbst hatte 1958 den Wiederaufbau der Bastei nach Kriegszerstörungen geleitet, so ist sie heute fast originalgetreu erhalten, auch eine Renovierung 1985 griff nicht substanziell in den Bestand ein, war aber damals aufgrund des Denkmalschutzes schon schwierig. Jetzt ist die kühne Konstruktion einsturzgefährdet, wie ein Gutachten der Technischen Universität Braunschweig ergab: »Plastische Verformungen, Korrosionen, aber auch Querschnittsschwächungen und eine an sich stark unterbemessene Konstruktion« diagnostiziert der Statiker und spricht sich für einen Rückbau der tragenden Konstruktion, also des gesamten Teils oberhalb des preußischen Unterbaus, aus. Möchte man also die Bastei erhalten, muss man sie im Prinzip nach altem Vorbild neu bauen. Das wiederum ruft den Denkmalschutz auf den Plan, denn diese Rekonstruktion gilt dann nicht mehr als Denkmal, sondern wäre reine Stadtbildpflege. Ein Dilemma, aus dem es keinen Ausweg gibt, zumal all dies noch teuer ist, erste Schätzungen lagen bei 10 Millionen Euro, inzwischen liegen bei über 20 Millionen. Und so steht die einst stolze Bastei seit 2022 von außen abgestützt und eingerüstet am Rheinufer.
Dabei war die Bastei in den 1960er Jahren ein gut besuchtes In-Lokal. Es gab Mittagstisch, nachmittags Kaffee und Kuchen und abends wurde sogar ein Sterne-Menü serviert. Betrieben wurde sie seit dem Wiederaufbau Ende der 1950er Jahre von Hans Herbert Blatzheim, dem über 80 Restaurants gehörten, nicht nur in Deutschland. Er hatte Magda Schneider geheiratet, war somit der Stiefvater von Romy Schneider, was einen zusätzlichen Promi-Faktor brachte, der die Kundschaft anlockte. Bis 2017 betrieb Blatzheims Firma, später von seinem Sohn Jochen geführt, die Bastei. Der Glanz und der Stern waren da allerdings schon länger abhanden gekommen.
Blatzheim war nie Eigentümer des Gebäudes, das gehörte der Stadt Köln. 2000 wurde es an die Kölnmesse verkauft. Nach erfolglosen Verhandlungen mit anderen potentiellen Käufern – unter anderem waren Brandschutz, Rettungswege, Barrierefreiheit und eine fehlende Klimaanlage ein Problem – erwarb die Stadt die Bastei 2018 wieder, sie sollte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ein Ausflugslokal werden. Das Gegenteil trat ein. Derzeit fällt sie unter die Zuständigkeit der Gebäudewirtschaft und taucht auch auf der Liste von 122 Großbauprojekten aus dem Jahr 2022 auf, die zur Priorisierung von Haushaltsmitteln beitragen soll. Bei einem Blick darauf wird allerdings deutlich, dass die Stadt Köln noch größere Baustellen hat – im wahrsten Sinne des Wortes. Und die Vorstellung des Haushaltsentwurfes für die Jahre 2025/2026 Mitte November hat noch einmal gezeigt, wie sehr es an Geld fehlt. Deshalb ist der Wunsch, neue Betreiber zu finden, die – im Gegenzug für eine günstige Pacht – die Sanierung übernehmen. Verhandlungen gibt es immer wieder, ein Argument der Gastronomen ist jedoch, dass sich die Bastei mit ihrer Größe – ursprünglich geplant war sie für 200 Personen – als Lokal nicht wirtschaftlich betreiben lässt. Auch hierfür gab es in den vergangenen Jahren Pläne: den Anbau einer Außenterrasse auf der Straßenebene oder einen um den Gastraum umlaufenden Balkon. Die lehnte der Denkmalschutz ab, sie hätten den Charakter des Gebäudes vollständig verändert. Auch rund um den 100. Geburtstag des expressionistischen Juwels wird wieder mit einem Investor verhandelt, der das Restaurant nach altem Vorbild modernisieren und danach betreiben soll. Es wäre doch schön, wenn man in der Bastei den 105. oder wenigstens 110. Geburtstag mit einem Stück Kuchen und einem Kaffee, oder vielleicht sogar mit einem Sekt feiern könnte. Sie muss sich auch gar nicht drehen.