TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Natürlich ist dieser Laden eine Zitathölle. Das passt zu Frank Herzberg und seinem Modelabel »Neon Elektrisch«. »Geh deinen Weg und lass die Leute reden« steht, etwas abgetreten, auf der Fußmatte am Eingang. Das Ladenlokal an der Rellinghauser Straße in der Nähe des Essener Isenbergplatzes ist vollgestopft mit Klei-dungsstücken, Taschen, Schuhen und Accessoires der letzten Jahrzehnte. Eine Wand wird von einer selbstgemachten »Tapete« aus gelben Karteikarten, Klebeband, Plastik-Kakerlaken, Fotos und Postern dominiert. Eine Wall of Fame der Popkultur: Deborah Harry, Michael Caine, Don Johnson aus »Miami Vice« und Godzilla blicken auf die Kunden. In den Regalen findet man immer wieder Spielzeugroboter jeglicher Art; zwischen den Schuhen bedroht ein Transformer arglose Playmobil-Figuren mit einer Waffe.
»Mein Stil ist, keinen Stil zu haben«, sagt Inhaber und Modedesigner Frank Herzberg, geht zu einem der Kleiderständer und zeigt seine Entwürfe, darunter auch noch solche aus den Anfangszeiten von »Neon Elektrisch«. Herzberg ist gebürtiger Engländer, kam mit zwei Jahren nach Deutschland, studierte in »Mein Stil ist, keinen Stil zu haben«, sagt Inhaber und Modedesigner Frank Herzberg, geht zu einem der Kleiderständer und zeigt seine Entwürfe, darunter auch noch solche aus den Anfangszeiten von »Neon Elektrisch«. Herzberg ist gebürtiger Engländer, kam mit zwei Jahren nach Deutschland, studierte in Düsseldorf Modedesign und arbeitete als Kreativberater für Modelabels. Seit sechs Jahren gibt es »Neon Elektrisch«, diese merkwürdig-hochkreative Mischung aus Secondhandladen um die Ecke und zunehmend internationalem Modelabel. Auf den Kleidungsstücken, die Herzberg für seine Arbeit verwendet, findet man teilweise noch die alten DM-Preisschilder; schließlich gibt es bei ihm auch Unbearbeitetes. Was durch seine Hände geht, trägt ein charakteristisches, selbstgeschriebenes Etikett, das mit auffälliger Naht am Kleidungsstück angebracht ist.
Herzberg entwickelt seinen Stil, der keiner ist, konsequent weiter. Waren es anfangs noch kleine Monster, die er auf Jacken und T-Shirts nähte, kombiniert er nun ganze Klei-dungsstücke zu etwas Neuem. Zerlegt ein Jackett aus den Sixties in seine Einzelteile, um es mit einem Jersey-Kapuzenpulli zu einer extravaganten Jacke zu vernähen. Oder er kombiniert mit einem diagonalen Schnitt zwei T-Shirts zu einem – oben Heavy-Metal-Shirt, unten uni-farben. Hemden verpasst Herzberg vorgesetzte, rechteckige Klappen mit Reißverschluss aus Stoffen in abenteuerlicher Vintage-Bemuste-rung, die auch in aufgeklappter Dreiecksform getragen werden können.
»Das ist nichts für Porsche-Uschis, die jedem Trend hinterherlaufen«, stellt Herzberg fest. Zielgruppe sind mittlerweile nicht nur das junge Szenevolk aus dem Ruhrgebiet und darüber hinaus, das bei »Neon Elektrisch« extravagante Mode zu moderaten Preisen ershoppt, sondern auch prominente und internationale Kunden. Der Essener Club-Herbergsvater Kay Shanghai vom gleichnamigen »Hotel Shanghai« war der erste; später stand dann Helge Schneider auf der Suche nach ausgefallenen Bühnenoutfits im Laden. Mittlerweile hat Frank Herzberg Musi-ker wie Pete Doherty und die Band »MGMT« für Videos und Bühnenshows ausgestattet. Beth Ditto und Bandkollegen von »The Gossip« tragen im offiziellen Video von »Heavy Cross« Handgeschneidertes aus dem Essener Südviertel. Zusätzlich bekam Sängerin Ditto von Herzberg den Stylingtipp, sich bitte nicht die Achseln zu rasieren. So eine Ansage bekommt man sonst auch nicht jeden Tag. Bunter Style-Remix statt Einheitsbrei – dieses Konzept geht auf. Ein Model für ein Modeshooting sieht bei »Neon Elektrisch« so aus: Ein Rockabilly in Pete Doherty-Röhrenjeans und 90er-Jahre-Ravejacke.