»Was wäre, wenn du dein Leben rückwärts leben könntest?« Solche Fragen stellt das Theaterkollektiv Rue Obscure seinem Publikum gern – und zwar nicht auf der Bühne, sondern auf den verschlungenen Wegen des Klosters Bentlage in Rheine. Dort ist ihr »Garten der Pfade, die sich verzweigen« zu finden. Inspiriert durch Erzählungen des magischen Realismus, lädt das Kollektiv kleine Besuchergruppen ein, über das Thema Zeit nachzudenken – bei Spaziergängen, die nach dem Corona-Lockdown zweierlei sind: ein Moment der Wiederbegegnung mit Menschen und natürlich mit Kultur.
Urbane Kunst im öffentlichen Raum zeigen, ihre Vielfalt und aktuelle Perspektiven – das sind die Ziele des Projekts »Stadtbesetzung«, das das Kultursekretariat Gütersloh NRW mit Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft entwickelt hat. Zu ihm gehören auch solche Theaterspaziergänge. »Wir lassen dabei bewusst viel Raum für Spontanität und Überraschungsmomente«, sagt Dr. Josef Spiegel, der das Projekt in Schöppingen mitbetreut. »Die Besucher*innen dürfen und sollen mitmachen, gerade wenn sie sonst vielleicht nicht mit Urban Art in Berührung kommen.« Zu erleben gibt es Musik und Performances, gezeigt werden aber auch Fotografien, Grafikdesign und Malerei, Videos oder Games.
2020 geht es in der fünften Auflage nun um »Was geht – Kunst in Bewegung«. Ganz wörtlich genommen haben dies die Künstlerinnen Yala Juchmann, Theresa Kampmeier und Liska Schwermer-Funke. Ihre abfotografierten Kunstwerke sind nicht in einem Museum oder in einer Galerie zu finden. Ihr »Konvoi spezial« ist mit und auf Autos von Arnsberger Bürger*innen entstanden. Über mehrere Wochen haben sie sich mit einer Schülerin, einem Angestellten des örtlichen Kompostwerks und einer Caritas-Mitarbeiterin getroffen und ihre individuelle Sicht auf die Stadt eingefangen. Wie diese aussieht – davon erzählen die Drucke auf den Autos.
Videokunst an einem ungewöhnlichen Ort gibt es in Schöppingen: Hier zeigt Cornelia Rößler ihre Installation »Philema« in der Antonius-Kapelle auf dem Schöppingerberg. In Viersen lädt Jan Philip Scheibe zu vier Spaziergängen ein – mit einer Straßenlaterne. In Beckum wiederum erforscht Manuel Schroeder die Ursprünge des Materials Beton mit Fotos, Soundsamplings und Videos. In Gütersloh wird hingegen ein leuchtend roter Teppich für die urbane Kunst ausgerollt. Er weist den Weg zu musikalischen und tänzerischen Interventionen, mit denen Werke im öffentlichen Raum in Szene gesetzt werden. Und warum in Bergkamen ein riesiger Motorradhelm und in Schwerte eine alte englische Telefonzelle mitten in der Stadt zu sehen sind – davon macht man sich am besten selbst ein Bild…
Arnsberg/gesamtes Stadtgebiet: Die mobile Ausstellung »Konvoi spezial« zeigt Kunst auf Fahrzeugen (bis 31. August)
Rheine/Kloster Bentlage: Theaterspaziergänge mit Rue Obscure gibt es wieder am 31. August und 1. September (jeweils um 19 Uhr, begrenztes Kartenkontingent)
Gütersloh: Unter dem Titel »Kunst am roten Teppich« ist am 5. September um 20.30 Uhr in der Innenstadt eine musikalische Intervention zu erleben. Der genaue Ort wird nicht verraten, soll aber an einem roten Teppich an dem Abend erkennbar sein. Ende September ist in der City zudem ein Videomapping-Projekt geplant.
Schwerte: Am 17. und 18. September heißt es in der Innenstadt »Schöner Warten«. Dann zeigt das Urban-Art-Ensemble Servicepioniere eine Installation und Performance zum Thema Zeit.
Paderborn: In der Innenstadt warten am 23. September »Irrgäste«, in einer Performance mit »living sculptures« von Guda Koster und Frans Tartwijk.
Bergkamen: »Was geht? Kunst in Bewegung« heißt es am 30. September in Bergkamen bei einer Installation und Ausstellung mit Achim Riethmann.
Schöppingen: Im Oktober bringt Cornelia Rößerl mit »Philema« Videoprojektion auf den Schöppinger Berg.
Beckum: Manuel Schroeder bringt bis 25. Oktober Fotos, Soundsamplings und Videos mit der Ausstellung »Concrete Delusion« ins Stadtmuseum. Im Herbst ist eine Lichtprojektion im Steinbruch zu sehen.
Viersen: Jan Philip Scheibe zeigt vom 29. Oktober bis 1. November, jeweils zwischen 20 und 21 Uhr, seine Performance »shouldered street light« – und lässt sich auf seinem Rundgang gern begleiten.
Auch in Marl, Unna und Minden finden ab Herbst »Stadtbesetzungen« statt. Mehr Infos, Daten und Details unter www.stadtbesetzung.de