Die 1980er Jahre im Ruhrgebiet waren laut und dreckig. Die Zechen und Stahlwerke sahen zwar bereits ihrem Ende entgegen, waren aber noch eindrucks- und geräuschvoll in Betrieb. Der »Pulsschlag aus Stahl«, den Herbert Grönemeyer 1984 in seiner Ruhrgebiets-Hymne, die längst zum Volkslied geworden ist, besang, war noch spürbar. Das spiegelte sich auch der regionalen Musikszene – Trash-Metal-Bands wie Sodom aus Gelsenkirchen oder Kreator aus Essen beschallten die Fans mit musikalischem Schwermetall.
1988 gründeten Thorsten Benning, Morten Gass, Robin Rodenberg und Rainer Heseleit in Mülheim an der Ruhr die Band »Bohren«, spielten ebenfalls krachenden Metal und Hardcore und veröffentlichten ihr erstes Album »Gore Motel«. 1992 folgte dann der radikale Stilbruch – die Musiker erweiterten in Anlehnung an die niederländische Band »Gore« ihren Namen zu »Bohren & der Club of Gore« und spielten fortan Instrumentalmusik – »doom ridden jazz music«, wie sie es selbst nennen. Eine konsequente Neuentdeckung der Langsamkeit und des Lärmverzichts, parallel zum andauernden Strukturwandel des stiller werdenden Ruhrgebiets.
Klanggewordene Stille
Auf ihrem Doppelalbum »Midnight Radio« von 1995 verschwanden die Metal-Elemente aus ihrer Musik komplett. Stattdessen: Kontrabass, Rhodes-Piano, Klavier, Vibraphon, analoge Synthesizer, Saxophon und ein sanft mit dem Jazzbesen gestreicheltes Schlagzeug – Erhabenheit, lange Tonfolgen, angefinsterter Ambient, klanggewordene Stille. Nach einigen bandinternen Umbesetzungen spielen Morten Gass, Robin Rodenberg und Christoph Clöser heute als Trio.
Mit ihren Konzerte erzeugen »Bohren & der Club of Gore« besondere Atmosphären. Die Räume sind spärlich beleuchtet, die drei Herren stehen in dunklen Anzügen in farbigen Lichtkaskaden, schicken ihre langen, sich überlagernden Tonfolgen ins Dunkle, lassen sie nachhallen und schaffen auf diese Weise außergewöhnliche Soundscapes. 2020 erschien – auch hier ließen sich die Musiker Zeit – nach fünf Jahren Pause ihr achtes Studioalbum »Patchouli Blue«. Elf Instrumentalstücke, die die blumigen, deutschen Schlager-Titel der 70er zitieren, wie »Deine Kusine«, »Meine Welt ist schön« oder »Zwei Herzen aus Gold«.
Kritikern, die ihrem Werk Langeweile und Langatmigkeit unterstellen, begegnet die Band mit souveräner Selbstironie. Auf ihrer Webseite begrüßen sie die Leser mit »Liebe Freunde ereignisarmer Musik!« und Morten Gass deutete 2013 in einem Interview mit dem Portal laut.de den Metal-Slogan »Other bands play, Manowar kill!« lässig in »Other bands play, Bohren bore!« um.