TEXT: STEFANIE STADEL
Wie aus einer Modezeitschrift ausgeschnitten sah er aus. Trotzdem hatte der junge Mann nichts von einem oberflächlichen Hallodri. Im Gegenteil: »Sein Blick war der eines zielenden Schützen, und sein Mund von einer Bitterkeit, die nur der Puder auf den scharf rasierten, kräftigen Kinnbacken ein wenig versüßte.« Die sensible Beschreibung stammt von Wieland Herzfelde, der George Grosz 1915 in Berlin traf.
Der Künstler war damals Anfang zwanzig, führte noch seinen Taufnamen Georg Ehrenfried Gross und passte mit jenem ausgefallenen Äußeren so gar nicht in die coole Berliner Künstler-Bohème. Dafür sind die zielenden Blicke und die bitteren Züge um seinen Mund umso besser in Einklang zu bringen mit einer Kunst, die sich mit zunehmender Schärfe sezierend an den Abgründen der menschlichen Existenz abarbeitet.
Grosz war 1912 von der Kunstakademie in Dresden nach Berlin gewechselt und hatte dort unverzüglich begonnen, den Großstadtwahnsinn erst mit Bleistift, wenig später dann mit Feder und Tusche auf Papier zu bannen. Seine Motive fand er draußen im wüsten Getümmel der Großstadtstraßen und drinnen zwischen vereinsamten Kaffeehausgästen.
Es ist in etwa diese Zeit, in der die Düsseldorfer Schau startet. Sie kann zurückgreifen auf den beachtlichen, doch wenig bekannten Bestand des Museum Kunstpalast und ergänzt ihn durch Leihgaben aus Düsseldorfer Privatbesitz. Herausgekommen ist eine überraschend umfängliche Auswahl, die sich ganz auf die beste Schaffenszeit des Künstlers in den 1910er und 1920er Jahren konzentriert und diese ausschließlich durch Arbeiten auf Papier belegt – Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken, die häufig in Mappenwerken Verbreitung fand.
Das gelungene Unternehmen passt gut in dieses Jahr. Zum einen, weil Grosz’ Todestag im Juli zum 55. Mal wiederkehrt. Zum anderen, weil er zusammen mit Otto Dix und Max Beckmann zu den prominentesten jüngeren Künstlern zählt, für die der Erste Weltkrieg zum Markstein in der künstlerischen Entwicklung wurde. Ohne die Katastrophe wäre aus Gross nie Grosz geworden.
Als er 1912 nach Berlin kam, lag der Kriegsdienst …
Lesen Sie weiter in der gedruckten Ausgabe von K.WEST!
Museum Kunstpalast, Düsseldorf, bis 17. August 2014. Tel.: 0211 / 56642100. www.smkp.de