Mit einem Rums waren sie nicht gerade gestartet. Eine große Kampagne? Gab es nicht. Selbst feiern hätte die Redaktion kurz nach dem Launch ihrer Website nicht dürfen. Denn los ging’s für Rums im März, als NRW stillstand. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ausgerechnet im Lockdown verschickte die Redaktion ihren ersten Newsletter. Die Idee: Ein täglicher Brief mit Hintergründen, Interviews und Tipps. Lokaljournalismus aus und für Münster im Email-Format. Kann das funktionieren?
Es funktioniert. Ob kostendeckend, ist schwer einzuschätzen. Denn Rums wird vor allem durch Abos finanziert. Wer täglich Post aus der Redaktion bekommen will, zahlt mindestens 8, wahlweise 15 oder 40 Euro im Monat. Fünf Monate war der Newsletter zunächst kostenlos erschienen, 3400 hätten ihn abonniert, knapp 900 nun ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen, heißt es einer Mitteilung, die die Rums Medien GmbH im Oktober verschickte.
Nur der Zeitungskopf wird ausgetauscht
Sicher ist: Seitdem Rums gestartet ist, hat Münster eine interessante Facette in der Lokalberichterstattung dazu bekommen. Endlich. Denn seit 2014 gibt es in der Universitätsstadt nur noch einen unabhängigen Tageszeitungstitel: Vor sechs Jahren hatte die Aschendorff Gruppe, die die Westfälischen Nachrichten betreibt, mit der Münstersche Zeitung ihr Konkurrenzblatt von Lensing-Wolff gekauft. Die Inhalte der WN und MZ sind seitdem im Wesentlichen identisch. Nur der Zeitungskopf wird ausgetauscht.
Sicher ist auch: Hinter Rums stecken interessante Köpfe. Chefredakteur Ralf Heimann hat bei der MZ als Redakteur gearbeitet und denkwürdige Bücher mit Stilblüten aus deutschen Lokalzeitungen veröffentlicht. Der ehemalige Spiegel-Chefredakteur (und gebürtige Münsteraner) Klaus Brinkbäumer schreibt genauso eine Kolumne aus New York wie die Mitbegründerin der Fridays-for-Future-Bewegung Carla Reemtsma, die in Münster studiert. Der Tonfall ist sehr persönlich, die Briefe meist auf ein Thema fokussiert. Und: Die Recherchen enden nicht an der eigenen Stadtgrenze, wie so oft in Lokalredaktionen. »Im Zweifel machen wir lieber ein gutes Thema von anderswo als ein langweiliges aus Münster«, sagt Heimann, der den Start im Lockdown zunächst selbst kritisch sah. »Heute sind wir sicher, dass es keinen besseren Zeitpunkt hätte geben können.« Denn gerade dann hätten die Menschen ein besonders großes Bedürfnis nach verlässlichen Informationen gehabt.
Links auch zu anderen Titeln
Auffällig ist, wie in den Rums-Briefen Quellen offengelegt werden: Pressemitteilungen, aus denen zitiert wird, sind gleich über Links einsehbar. Das ist in Zeiten von Internetpublikationen natürlich nichts Neues. Aber Rums verlinkt auch zu anderen Titeln – sonst ein Unding in Tageszeitungshäusern. Heimann ist es wichtig, eigene Recherchen, aber auch Fehler zu zeigen – und, wenn nötig, zu korrigieren. Auch mit Hilfe der Leser als Correctiv, die darauf aufmerksam machten, wenn Inhalte nicht richtig oder nur unvollständig erzählt würden.
Apropos Correctiv: Mit David Schraven ist ein wichtiger Kopf des gleichnamigen Journalistennetzwerks Mitinitiator von Rums. Rums-Gesellschafter Christian Humborg hat wiederum Correctiv mitgegründet und arbeitet heute als Finanzchef von Wikimedia. Werbung gibt es nicht. »Ganz im Sinne eines Sozialunternehmens« würden Gewinne zu mindestens 90 Prozent an den Verlag zurückgegeben, heißt es auf der Homepage. Als nächstes plant Heimann, die (kostenpflichtige) Website weiter auszubauen, aber auch Audioformate und Veranstaltungen zu organisieren. Vieles sei erst am Anfang. Aber immerhin: der ist gemacht.