Performance
ESSEN: SHAKESPEARE MIT DER KÄSEREIBE
Bevor Pact Zollverein wieder mit Live-Programmen auf der Bühne startet, steht eine große Online-Produktion an. Das britische Performance-Kollektiv »Forced Entertainment« um Mastermind Tim Etchells zeigt eine Neubearbeitung seiner Produktion »Complete Works: Table Top Shakespeare«. 36 je rund 50 Minuten lange Versionen aller Shakespeare-Dramen. Als Bühne dient ein schlichter Küchentisch, an dem jeweils ein*e Performer*in mit Haushaltsgegenständen ein komplettes Drama nachstellt und erzählt. Im Spiel zwischen Salzstreuer und Käsereibe werden ganz nebenbei mit Humor und Scharfsinn die Mechanik der Dramen und des Repräsentations-Theater reflektiert.
ab 17. September, Zollverein, www.pact-zollverein
Schauspiel
»LENZ« HÄNGT IN MOERS AM BUNGEE-SEIL
Gleich zu Beginn der Aufführung befestigt Roman Mucha ein von der Decke hängendes Bungee-Seil an seinem Rücken. Es ermöglicht ihm, aus einem Sprung heraus zu fliegen oder für Momente über dem Boden zu schweben. Aber es zieht ihn auch wieder zurück und holt ihn auf den Boden der menschlichen Realität zurück. So schaffen er und sein Regisseur Ulrich Greb immer wieder atemberaubende Bilder, in denen sich Lenz‘ Seelenzustände spiegeln. Zugleich spricht Mucha Büchners Text mit einer solchen Gedankenklarheit, dass in diesem Porträt eines sich verlierenden Dichters immer auch der Autor und seine eigene Zerrüttung durchscheinen.
20. und 26. September, Kapelle, www.schlosstheater-moers.de
»DEINEN PLATZ IN DER WELT« IN BIELEFELD
Ein Kaleidoskop von Geschichten, ein Puzzle aus kleinen Szenen, die mehr miteinander verbindet, als sich zunächst erahnen lässt. Auch mit seinem neuesten Stück, dessen Uraufführung Dariusch Yazdkhasti inszeniert, präsentiert sich der Schweizer Autor und Dramatiker Dominik Busch wieder als hellsichtiger Chronist unserer in Blasen und Nischen gespaltenen Gesellschaft. Jede seiner um Halt ringenden Figuren lebt in ihrer eigenen kleinen Welt. Dennoch verlieren sie in seinen poetischen Miniaturen mit ihren musikalisch exakt durchkomponierten Dialogen mehr und mehr die Kontrolle und stürzen schließlich ins Ungewisse.
15. und 17. September, Theater am Alten Markt, www.theater-bielefeld.de
»DIE FRAU VOM MEER« IN DÜSSELDORF
Schon vor zwei Jahren haben Marlin de Haan und ihr Team die gesicherten Räume des FFT verlassen. Ihre in Düsseldorf-Flingern aufgeführte Adaption von Tschechows Klassiker »Der Kirschgarten« war eine hochaktuelle Reflexion über die Auswirkungen der Gentrifizierung. Nun begibt sich die Regisseurin und Bildhauerin wieder in den Düsseldorfer Stadtraum. Anhand von Henrik Ibsens »Die Frau vom Meer« geht sie der Frage nach, welche Sehnsüchte in uns schlummern. Aus Gesprächen mit Bürger*innen der Stadt entsteht ein vom FFT koproduziertes Projekt, das um das komplexe Spannungsfeld von Nähe und Ferne, Bekannten und Fremden kreist.
24. (Premiere), 25., 26., 27. September, im Düsseldorfer Stadtraum, www.fft-duesseldorf.de
Musiktheater
KONZENTRIERT: »CARMEN« IN KREFELD
Georges Bizets Oper in kurzen 80 Minuten. Die Corona-bedingten, pausenlosen Kurzfassungen von Opern könnten künftig eine leichte Einstiegshilfe ins Genre Musiktheater werden. Die ohnehin große Dichte an Hits, die »Carmen« nun mal bietet, wird noch einmal konzentriert. Zwar ist die Aufführung in Krefeld als »konzertant« angekündigt, doch Regisseur und Ausstatter Kobie van Rensburg schafft Schauwerte durch Videosequenzen, die mit den Tänzer*innen des Ensembles vorproduziert wurden.
12. September, Theater Krefeld, www.theater-kr-mg.de
GELSENKIRCHEN: FREISCHÜTZ ALS MUSICAL
Musicals gehören in Opernhäusern auch schon aus rein wirtschaftlichen Gründen zum Repertoire. In Gelsenkirchen steht gleich zu Beginn der Spielzeit ein moderner Klassiker des Genres auf dem Programm. Der Beatpoet William S. Borroughs, der Komponist und Sänger Tom Waits und Theatermagier Robert Wilson haben 1990 gemeinsam mit »The Black Rider: The Casting Of The Magic Bullet« eine moderne und ziemlich düstere Version der Freischütz-Sage entwickelt. Bei ihrer Neuinszenierung am Musiktheater im Revier setzt Regisseurin Astrid Griesebach insbesondere auf die Puppenspielsparte des Hauses. Atif Hussein hat die Ausstattung und die Puppen gebaut, die von fünf Spieler*innen bedient werden. Mit nur drei Sänger*innen soll so trotzdem eine spektakuläre und bildstarke Musical-Aufführung möglich sein.
19. September, Musiktheater im Revier Gelsenkirchen, www.musiktheater-im-revier.de
Tanz
REUT SHEMESH SEZIERT DEN GARDETANZ
Der zeitgenössische Tanz sucht immer wieder Inspiration in Formen des Tanzes wie Folklore, Street-Dance, Capoeira oder Voguing. Bisher nahezu unbeachtet war der Gardetanz. Diese Lücke schließt nun die israelische Choreographin Reut Shemesh. In einer mehrjährigen Recherche tauchte sie mit den Karnevalsfreunden der katholischen Jugend Düsseldorf in die Welt des Gardetanzes ein. Mit den Tänzer*innen seziert Shemesh die Rituale dieser Tanzform, stellt das Postulat der Individualität, das dem zeitgenössischen Tanz zu eigen ist, dem strengen Gruppenregiment der Garde gegenüber und reflektiert über Bilder von Weiblichkeit.
26. und 27. September, Tanzhaus NRW Düsseldorf, www.tanzhaus-nrw.de