Bei Armin Holz darf nichts den Eindruck stören, sogar die Bühnenarbeiter tragen schwarze Anzüge und nicht etwa Jeans und TShirts, wenn sie im dritten Akt das Mobiliar forttragen. Der Eindruck ist exquisit, zumindest was die Äußerlichkeiten betrifft. Die Kostüme, die Barbara Baum entworfen hat, wären würdig des Deutschen Filmpreises, wenn es sich hier nicht um Theaterkunst handelte: Roben in Smaragdgrün, Mauve, Rot usw. Die prächtigsten Kleider sind für Doña Rosita reserviert – in Orange, Rosé und Cremefarbe. Lorca, wie es im Buche steht, »Tanz und Gesang« eingeschlossen. So zelebriert der Sonderling Holz im Bochumer Schauspielhaus, dessen Bühnentiefe sich mit vorgezogener schwarzer Brandmauer extrem staucht (Claudia Billourou / Armin Holz), das spanische »Gedicht« vom Verblühen eines Lebens in bürgerlicher Absicht. Die Choreografie des mit schwerem (Klavier-)Anschlag, verkopft und verschmockt, als Salonstück inszenierten Frauen-Schicksals gerät penibel und pedantisch, als habe der Wiener Preuße Fritz Lang seine berüchtigten Kreidelinien auf den Studio-Boden gemalt. Das Ensemble, abgezirkelt und auf leisen Sohlen, verhält sich geziert manieriert, wie wenn altkluge Kinder erwachsen spielen. Das hat eine seltsam heiß laufende, dabei kalt lassende Intensität. Theater als Museum für Gestaltung. Form ohne Inhalt, wären da nicht die letzten zehn von insgesamt 105 Minuten.
Ilse Ritter als Doña Rosita – zuvor aufs Podest gestellt, dekoriert als tragische Mary Poppins und umrahmt von Tante (Elfriede Irrall), Onkel (Hans Diehl), Magd (Manuela Alphons), während das übrige Personal im Abseits der Karikatur und des Possenreißerischen steht – gewinnt zum Schluss eine nicht mehr bloß rührende, sondern heroische Größe. Unfasslich fast ihre Verwandlung. Da steht eine vom Leben gehärtete Träumerin, eine Realistin, allein im Illusionsraum zuhause, vollkommen nach innen gewandt und dabei rasend sachlich und nüchtern, ganz jung und ganz alt, deren Lachen einem ins Herz schneidet, deren Worte gedehnt und sirrend zu singen scheinen. Die Wahrheit ist, dass ihr auf Erden nicht zu helfen war. So sinkt Rosita entseelt in die Arme der Ihren. Das ist mehr als Lorca – und im Ganzen doch zu wenig. Awi