Seine Position ist dazwischen – nicht drinnen noch draußen. Er »gehört der Schwelle«, sagt Menem. Er ist Türsteher. Und er ist anders: braunhäutig, zugewandert aus einem Land, »in dem seine Eltern geboren wurden«. Gestorben aber sind sie in Deutschland. Menem hat eine Geschichte, aber keine Sprache, teilt er uns mit. Aber dafür spricht er gut. Im Grunde könnte »Café Europa« von Nuran Calis – Teil 3 der Heimat-Trilogie des 30-jährigen Sohnes armenisch-jüdischer Eltern, der in Bielefeld-Baumheide aufwuchs – ein Monolog sein. Menem weiß, wovon er redet: wie sein Autor. Man hört und sieht Menem gern zu, auch wie ihn Dominic Oley in der Essener Uraufführung in der kleinen heißen Bühnen-Box spielt: kurzatmig entschlossen, mit scharf geschnittenem Gesicht, schmalen Lippen, wachem Blick, frontal die Stirn bietend. Er erläutert die Philosophie seines Jobs und erklärt damit mehr als seine Aufgabe, den Club-Eingang zu kontrollieren, um etwa »die Bauern aus Ostwestfalen-Lippe« auszusortieren. Es wird zur persönlichen Zustandsbeschreibung eines Migranten. Menem führt eine ambulante Existenz – kein Konto, keine Sozialversicherung, wohnhaft zur Untermiete. Ein Barzahler, bloß keine Verbindlichkeiten. Er setzt einfache Regeln und folgt ihnen; als Türsteher sagt er gleichgültig Ja oder Nein, egal zu wem, der rein will. Ähnlich tickt er selbst. Seine Macht als Herr über den Einlass steht in Beziehung zu seiner Ohnmacht als zoon politikon.
Mit wenigen zeichenhaften Gesten inszeniert Stephanie Sewella auf der winzigen Spielfläche, die nur der Neonschriftzug »Café Europa« schmückt, die einstündige Selbst-Musterung, die konkret bleibt und doch ins Symbolische weist. Zwar gibt es noch eine Parallelhandlung – das (elterliche) Paar, das in den Höhen des Ararat nach dem Goldschatz der Vorfahren sucht –, die aber ebenso wenig Dringlichkeit besitzt wie der Auftritt von zwei Frauen, die Menem unterschiedliche Alternativen bieten: Die »berühmte« Schauspielerin Natascha will ihn als Leibwächter mit in »die große Stadt« nehmen, die Kellnerin Eva aus dem Club ihn einfach für alle Zeit lieben. Beide scheinen mehr dem Innenraum Menems zu entstammen, als ein Eigenleben zu führen. Modelle und Möglichkeiten, so wie für ihn der Süden ein Sehnsuchtsort und das Fortgehen ein Ziel ist. Aber dafür müsste er die Schwelle übertreten, Identität gewinnen, Fremdheit überwinden, sich entscheiden. Die Tür als psychosoziale Schaltstelle für Menem, der sich vom »Weder noch« zum »Entweder oder« begeben muss, wenn man ihn denn lässt. So oder so. AWI