Thomas Arslans Film »Verbrannte Erde« erzählt von einem Kunstdiebstahl. Beim Versuch, den Caspar David Friedrich zu versilbern, stößt Trojan, Hauptfigur des Thrillers, auf unerwartete Widerstände.
Die Nacht ist die Zeit des Gangsterfilms, in dessen Tradition sich der deutsch-türkische Regisseur Thomas Arslan bewegt. Dunkel, Schatten, grelle Leuchtspuren, Lichtinseln, farbig inszeniert. So nimmt das Undurchsichtige Form, Gehalt und Gestalt an. Trojan (Mišel Matičević) entwendet bei einem Raubzug in einer Villa in Essens guter Gegend teure Armbanduhren. Bei der Geldübergabe für das Auftragsgeschäft kommt es zu einer kurzen Auseinandersetzung, die Trojan scheinbar für sich entscheidet. Aber der Berufsverbrecher wird hereingelegt.
Nach einer Phase des Untertauchens irgendwo im Süden braucht Trojan neue Kontakte bzw. knüpft an frühere Verbindungen an. Klappt auch. Als einer von Vieren neben Diana (Marie Leuenberger) sowie Luca und Chris soll er – vermittelt von der Businessfrau Rebecca (Marie-Lou Sellem) – für einen anonym bleibenden Sammler ein kleinformatiges Gemälde von Caspar David Friedrich stehlen. Es gehört dem Museum Folkwang in Essen, wo »Frau vor der untergehenden Sonne« tatsächlich ihre Heimat hat, und ist während eines ‚Gastspiels’ in einem Museumsdepot in Berlin-Dahlem eingelagert. Der Coup, für den Wachleute und Restauratoren überwältigt werden müssen, gelingt. Doch auch die Übergabe des Kunstwerks verläuft nicht wie geplant. Plötzlich will der Auftraggeber für die Beute nicht zahlen und weist seinen Mittelsmann Victor an, den Deal platzen zu lassen.
Nur das Nötigste. Kurze Sätze. Knappe, kaltschnäuzige Dialoge. Typen mit schmalen Lippen, harten Augen, unbewegten Mienen. Das Atmosphärische ist wichtiger als der Plot. Der Genre-Look, geschult an dem »Ästheten der Unterwelt« Jean-Pierre Melville, sitzt auch dieser Geschichte von Thomas Arslan passgenau. Dass der eigentlich ‚helle Held’ Alexander Fehling als Kontaktperson und Killer Victor hier zum Dunkelmann mit rostiger Stimme stilisiert wird, der die Spur des CDF-Porträts für seine Zwecke aufnimmt, ist ein origineller Einfall.
Schweigen, Misstrauen, Verdacht, Verrat, obskure Konstellationen, betrogene Betrüger sind die Elemente, die die Ballade flüssig und in Bewegung halten. Auch das kennt Arslan von Melville, der diese Faktoren 1969 in »Armee im Schatten«, seinem Meisterwerk über die französische Resistance während der NS-Zeit, gemischt und die Dramaturgie des Kriminellen dabei in den Dienst des Politischen gestellt hat. Jeder und jede sind einsame Einzelkämpfer und Einzelgänger, die die Nacht schluckt. ****
»Verbrannte Erde«, Regie: Thomas Arslan, D 2024, 100 Min., Start: 18. Juli