Was kostet die Sanierung und Instandhaltung von Düsseldorfs Kulturbauten? Mindestens 139 Millionen Euro werden allein in den nächsten zehn Jahren benötigt, hat ein Gutachterteam des Beratungsunternehmens »Drees & Sommer« ausgerechnet. In ihrem Papier ist auch der aktuelle Bedarf (2,6 Millionen Euro) sowie der für die nächsten 25 Jahre geschätzt (300 Millionen Euro). Kulturdezernent Hans-Georg Lohe hatte die Zahlen im Januar im Bau- und im Kulturausschuss des Düsseldorfer Stadtrates präsentiert.
»Das ist aber nur das Ergebnis einer reinen Sichtungsprüfung«, betonte Lohe gleich mehrfach während seines Vortrages. Die Sachverständigen hätten zum Beispiel keine Wände geöffnet, um sich die Bausubstanz der einzelnen Gebäude näher anzuschauen. In barocken Schatzkästchen wie dem 250 Jahre alten Schloss Jägerhof, in dessen Wiederaufbau von 1951 heute das Goethe-Museum residiert, dem historischen Palais Wittgenstein oder dem Heine-Institut am Rande der historischen Altstadt, werden hinterm Putz also noch manche Millionenfallen lauern.
Millionen fürs Allernötigste
Das ist sogar bei deutlich jüngeren Häusern absehbar: Ob im Tanzhaus NRW, der Kunsthalle am Grabbeplatz oder im Stadtmuseum – überall werden allein fürs Allernötigste Millionensummen veranschlagt. Erst vor ein paar Wochen war zum Beispiel aufgefallen, dass aus dem Leitungssystem der 1926 fertiggestellten und zuletzt in den 1970er Jahren renovierten Tonhalle täglich Tausende Liter Frischwasser spurlos verschwinden. Eine Sanierung des gesamten Leitungsnetzes scheint unausweichlich. Die – nicht mal nur dafür – veranschlagten 10 Millionen Euro muten da etwas… nun ja, optimistisch kalkuliert an.
Andere prominente Kulturbaustellen der Stadt tauchen erst gar nicht in der Liste auf, so wie das barocke Schloss Benrath. Es wird ab 2020 über insgesamt 15 Jahre für geplant 60 Millionen Euro erneuert. Das finanzieren Bund, Land und Kommune zwar gemeinsam, doch der sogenannte Komplementäranteil der Stadt wird am Ende wohl trotzdem achtstellig sein. Ebenfalls nicht im Bericht erwähnt ist das Museum Kunstpalast. Dafür hat der Rat erst kürzlich 19 Millionen Euro bewilligt, geplant sind umfangreiche Um- und Ausbauten. Doch schon die letzte Sanierung hatte sich zu einer nahezu unendlichen Geschichte von Neu- und Nacharbeiten am Dach entwickelt, die bis heute nicht wirklich abgeschlossen ist. Auch die nächste Teilrenovierung wird kaum dafür sorgen, dass an anderer Stelle im Haus ein ganzes Jahrzehnt oder gar länger nichts zu erhalten und instand zu setzen wäre.
Folge von Verwahrlosung
Das gilt genauso für das gerade erst in den (hoffentlich) letzten Zügen der aktuellen Sanierung befindliche Schauspielhaus. Die Arbeiten wurden in den letzten Jahren – wie bei vielen vergleichbaren Bauten – erwartbar stetig mehr und teurer. Gegenwärtig sind offiziell 56 Millionen Euro veranschlagt. Dabei handelt es sich aber »nur« um den städtischen Kostenanteil aus allerjüngster Zeit: Seit 2007 hatten Stadt und Land NRW – das zu 50 Prozent am Betrieb (nicht an der Immobilie) des Schauspielhauses beteiligt ist – bereits Millionenbeträge in immer wieder neue Ertüchtigungen von Dach, Fach, Technik und Einrichtung gesteckt.
An der Geschichte dieses denkmalgeschützten 60er-Jahre-Baus von Bernhard Pfau kann man übrigens nahezu exemplarisch das – zu einem Theater passende – Drama nachvollziehen, das Gebäude dieser Art beinahe zwangsläufig heraufbeschwören. Wenn sie auch nur ein paar Jahre lang nicht gepflegt und auf den neuesten technischen Stand gebracht werden, erfolgt die Rechnung zwar erst später, fällt aber auch deutlich höher aus.
Kulturdezernent Lohe wies bei der Gutachtenpräsentation ebenfalls darauf hin, dass hier »der reine Funktionserhalt« geschätzt wurde. Und die Fachleute gehen von mindestens 40 weiteren Sonderuntersuchungen dazu aus. Kämen dann noch geänderte Nutzungsanforderungen einzelner Häuser oder gar die Neuausstattung mit IT- und Medientechnik dazu… Die Botschaft lautet: Bei den 139 Millionen wird es garantiert nicht bleiben.
Folgerichtig sagte der kulturpolitische Sprecher der Liberalen im Düsseldorfer Stadtrat, Manfred Neuenhaus, bereits in der Ausschusssitzung Mitte Januar: »Ich schätze mal einen Faktor von 2 oder 2,5 und rechne mit 300 Millionen.« Er ist auch der Fraktionsvorsitzende der FDP, die seit der Kommunalwahl 2014 mit SPD und Grünen eine Ratsmehrheit bildet. Mit Blick auf die oppositionelle CDU bat Neuenhaus nachdrücklich um »gemeinsame Beschlüsse in Kernfragen«. In Sachen Oper konnte man sich zuletzt schon mal auf die zu prüfenden Optionen einigen. Einigkeit wäre auch für die Kulturbauten insgesamt angebracht: Sie prägen – nicht nur in einer Landeshauptstadt – das Stadtbild und brauchen deshalb in jeder Hinsicht ein breites Fundament.
Die Tonhalle war zuletzt in den 70ern saniert worden. Nun scheint eine Sanierung des gesamten Leitungsnetzes unausweichlich.