Womit spielt die Komödie? – mit der Katastrophe und dem Chaos, mit der Verwechslung und der Enthüllung. Immer knapp am Tragischen entlang. Es muss sich biegen, aber darf nicht brechen. Die Grimasse des Lachens und des Schreis im geöffneten Mund sind nicht immer leicht zu unterscheiden. Wir finden etwas zum Schreien komisch.
Der erst kürzlich, im Januar, mit 82 Jahren gestorbene Peter Bogdanovich gehört zu den Protagonisten des New Hollywood. 1971 hatte er mit »The Last Picture Show« (»Die letzte Vorstellung«) ein brillantes Generations- und Zeitporträt im allertraurigsten Schwarz-Weiß inszeniert über die frühen 50er Jahre in einer texanischen Kleinstadt, darin er das Innenleben der Figuren sanft ausleuchtet. Ein Film voll von Resignation und Melancholie und mit dem leisen Nachklang implodierender Träume.
Und dann, ein Jahr später dies: eine bunte, grelle, überkandidelte, irrwitzige Komödie. Der Cineast und Kenner der Filmgeschichte nahm sich die klassische Screwball-Comedy der 30er zum Vorbild. Sein Gary Grant und seine Katharine Hepburn sind der seinerzeit prettyest boy in Hollywood, Ryan O’Neal, der kurz zuvor in dem Melodram »Love Story« die Zuschauer in Tränen baden ließ, und das hässliche Entlein im amerikanischen Showgeschäft, das zugleich sein schönster Schwan war, Barbra Streisand. Der irisch-stämmige WASP und das jüdische Funny Girl aus Jonkers oder Flatbush/New York, dem die Fair Lady schon eingeboren war.
Eine karierte Reisetasche, die am Flughafen auf dem Gepäckband auf Abholung wartet, gerät in die falschen Hände, weil es insgesamt vier identisch aussehende Taschen gibt, die stets aufs Neue geklaut, verschoben, versteckt, geöffnet und verschlossen werden. Sie haben es in sich und sind Objekt von Begierden: Ganoven haben es auf die Juwelen einer betagten Millionärin in Hotpants abgesehen. Der Geheimdienst jagt top secret-Regierungsakten hinterher. Der verträumte Musikologe Howard Bannister transportiert sein geologisches Eruptiv-Geröll aus der Steinzeit darin, das er so zartfühlend behandelt wie andere Männer ihre Keimdrüsen, und der sich für seine Forschung um das renommierte Larrabee-Stipendium – nicht als einziger – bewirbt und seine hysterische Verlobte Eunice als Wächterin über seine Zerstreutheit bei sich hat. Dazu die Multi-Studentin Judy Maxwell, die ihre Siebensachen in die Tasche gepackt hat und dem »Doc« mit dem dicken Brillengestell und der bezaubernden Hilflosigkeit vom ersten Moment an – in einem Drugstore durch ein Verkaufsregal hindurch – schöne silberblickende Augen macht und ihn sich angeln will. Zuvor allerdings unfreiwillig so viele Fallstricke auslegt, dass nicht nur bei Howard kein Stein auf dem anderen bleibt.
Schauplatz ist ein Hotel mit einem zwielichtigen Concierge und tölpelhaften Hausdetektiv, der Ballsaal, Flure und Zimmer, die am nächsten Morgen ein Bild der Verwüstung sind, die Straßen von San Francisco mit einer kurvigen Auto-Verfolgungsjagd, ein chinesischer Kostümverleih, die noble Villa des Mäzens Larrabee, die Frisco-Bay, in die ein VW-Käfer mit Judy und Howard rast, und ein Gerichtsaal, in dem sich eine lärmende Menge Schädiger, Geschädigter und Düpierter drängt und dem ein misanthropischer Richter vorsitzt, der seltsamerweise ebenfalls Maxwell heißt …