Dem Audimax in Düsseldorf droht der Abriss. Damit würde auch die Fassade, die der bedeutende Künstler Günter Fruhtrunk für sie geschaffen hat, verschwinden. Das wäre ein schwerer Schlag für die Kunst am Bau in NRW. Ein Kommentar.
Sven Kuhrau brachte den Stein ins Rollen. Als die Kunstwelt den 100. Geburtstag von Günter Fruhtrunk (1923-1982) feierte, berührte der Denkmalpfleger einen wunden Punkt in der Pflege seines konkret-konstruktiven Erbes. Das Audimax der ehemaligen Ingenieurschule für Maschinenwesen, dessen Fassaden er 1969 mit geometrisch angeordneten Keramiken gestaltet hat, soll weichen.
Bekannt ist das schon seit November 2022. Doch erst als Kuhrau vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland den Fall publik machte (zuletzt mit einem Aufsatz in der Zeitschrift Denkmalpflege im Rheinland), regte sich Widerstand gegen den Abbruch des Gebäudes, das 1967 nach einem Entwurf von Helmut Hentrich entstand. Und, mehr noch, gegen die Entsorgung eines Werks, das die altehrwürdige Gattung des Mosaiks mit moderner Formensprache, mit rhythmisch strukturierten Keramikriemchen in den Farben Blau, Weiß, Schwarz, Rot und Blassgelb wiederbelebt und fortschreibt.
Denkmalschutzwürdig
Das jedenfalls muss unbedingt verhindert werden. Denn immerhin geht es um das Werk eines Malers, der in der Nachkriegszeit zu den Hauptvertretern der Abstraktion gehörte, der 1968 an der documenta in Kassel teilnahm und durch sein streifenförmiges Design der Aldi-Nord-Plastiktüte zeitgenössische Kunst im Supermarkt salonfähig machte. Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums Bonn, der zum 100. eine Fruhtrunk-Ausstellung zeigte, startete über Social Media eine Kampagne für den Erhalt der Kunst am Bau. Die FAZ befand, es sei »frevelhaft, diese einzigartige Architektur im Besitz des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB) zu schleifen«. Und die Rheinische Post fragte per Headline: »Weiß denn keiner, wie bedeutend diese Fassade ist?«
Die Aufregung kann man gut nachvollziehen. Gleichwohl ist die Situation kompliziert. Der Campus Golzheim liegt schon seit 2018 verlassen da, weil die Hochschule Düsseldorf den Standort nach Derendorf verlegt hat. Was das verwaiste Terrain angeht, so sieht ein Masterplan des Büros Staab Architekten vor, dass alle Hochschulgebäude der 60er Jahre weichen müssen – sie würden »hinsichtlich Bausubstanz und Haustechnik als nicht zukunftsweisend eingestuft«, so der BLB. An ihre Stelle sollen Neubauten für die Robert-Schumann-Hochschule und die Bezirksregierung treten.
Dieser Siegerentwurf, an dem lange niemand Anstoß nahm, hat eine Macht des Faktischen geschaffen, die zwar nicht unumstößlich ist, sich aber gleichwohl nicht mit einem Federstrich aus der Welt schaffen lässt. Zumal das Audimax nicht unter Denkmalschutz steht. Wie kann das sein? Anna Skriver, Denkmalpflegerin beim Landschaftsverband Rheinland, verweist auf das komplizierte Prozedere, das der Einstufung eines Objekts als Denkmal vorausgeht; es sei »für einen Laien kaum zu verstehen«. Das mag sein, doch müsste sich die Schutzwürdigkeit bei einer architekturbezogenen Arbeit dieses Künstlers nicht von selbst verstehen?
Um die Wogen der Empörung zu glätten, hat die Bezirksregierung unlängst mitgeteilt, »nach aktuellem Stand« solle die Fassade unter Schutz gestellt und erhalten werden. Doch Fruhtrunk hat die Komposition nicht als L’art pour l’art geschaffen, sondern als ortsspezifisches Werk. Wer die Fliesen, die den Kubus verkleiden, anderswo an Betonwände klebt, beschädigt das Original. Günter Fruhtrunks Aldi-Tüte ist längst von der Bildfläche verschwunden. Dem Audimax sollte ein ähnliches Schicksal erspart bleiben.