EINE GLOSSE VON ULRICH DEUTER
Der diesjährige Oktober, golden glänzte er auf unserem grauen Heimatland. Golden wie der Schuss, der ins Schwarze des internationalen Drogenhandels traf, als unsere blitzblaue Polizei zwischen grünen Gurken und Garlic Pickles im Bauch eines Fernhandelstransportfahrzeugs 660 Pfund Diacetylmorphin hervor klaubte, auch bekannt unter seinem Liebhabernamen Heroin, zum Schwarzmarktpreis von, wurde fiebrigen Fingers errechnet, 50 Millionen Euro. Der satte Fund ließ unseren hungrigen Finanzminister Lippen lecken, denn mit dem Erlös kann wieder ein Gutteil der Ruhestandsgehälter unserer 50 Millionen pensionierten Beamten bezahlt werden, die einst, in den Zeiten scheinbar unendlich währender Wohlhabenheit, vom Himmlischen Vater Rau in Dienst gestellt wurden und deren nun tägliche Promenade auf Düsseldorfs Prachtalleen – die manikürten Hände hinter dem edelbetuchten Rücken verschränkt – unserer Landeshauptstadt jenes Flair von elegantem Müßiggang und kultiviertem Wohlleben verleiht, das ihr durch die Zwangsschließung von Helge Achenbachs »Monkey’s«-Restaurants kurzfristig beinah abhanden gekommen wäre.
Wir wollen hier nicht der an und für sich sehr interessanten Frage nachgehen, ob die pressetypi-sche Rede vom Schwarzmarktpreis nicht impliziert, dass es für Heroin auch einen offiziellen, ehrlichen Kurs gibt und wie sehr denn beide voneinander differieren. Sondern uns interessiert, wo sich eigentlich der Schwarzmarkt unserer Landesregierung befindet. Den muss es ja geben, spätestens seit das Ministerium für Finanzen Schweizer Steuer-CDs auf eben diesem Markt erwarb. Und nicht anders als genau dort wird das FM auch die 330 Kilogramm Heroin in 1,3 Millionen verbraucherfreundlichen Einzelportionen verdealen müssen, da es ja einen legalen – sagt man: weißen? – Markt für den hellbraunen Stoff allem Anschein nach nicht gibt.
Also, wo liegt er, wo drücken sich die 1,3 Millionen Walter-Borjans’sche Nebenerwerbsdealer herum, um Vorübergehenden Worte zuzuzischeln oder ihren Mantel aufzuklappen und das Tütchen zu zeigen? Davon auszugehen ist, dass sich der regierungsamtliche Schwarzhandelsplatz irgendwo im Rheinland befindet, nicht nur wegen der bequemeren Erreichbarkeit für das ministeriale Personal. Nein, auch, weil nur einen Tag vor der Großhandelslieferung aus dem Morgenland zu erfahren war, dass ein nordrhein-westfälisches Binnenglücksgefälle veritablen Ausmaßes existiert. Um ein Erkleckliches, so las man, ist die Lebenswonne der Rheinländer größer als die westfälische. Der »Deutsche Post Glücksatlas 2014« zeigt den Landstrich von Münster bis Soest auf Platz 13, den niederrheinischen um Düsseldorf jedoch klar auf Platz 6 der Seligkeitsskala. Die Gründe hierfür dürften nunmehr auf der Hand liegen. Beziehungsweise sie stecken im Arm.
Und noch eines wissen wir nun: Warum Hannelore K. und Norbert W.-B. immer so gelassen lächeln, wenn die Rede auf das Schuldenbremsziel 2020 kommt.
Jetzt fragen sich Leser und Leserin wie aus einem Munde: Ist denn das nicht illegal? Was soll man da antworten. Im Prinzip ist der Verkauf unter das Betäubungsmittelgesetz fallender Substanzen so ungesetzlich wie der Erwerb gestohlener Güter – ob Silberschmuck oder Silberscheiben – wie das Schlagen auf einen Kopf, der nicht der eigene ist. Aber unser Staat will ja nicht immer nur streng sein und gestattet verdienten Finanz- und Polizeibeamten diese Tätigkeiten schon mal. Natürlich nicht einem neidischen Nachbarn oder Burbacher Wachmann! Und der Name dieser Siegerländer Gemeinde ist auch der der Kommunikationsstrategie für den Fall, dass doch etwas herauskommt von amtlicher Selbstermächtigung und Pflichtvergessenheit. »Burbachern« bedeutet, öffentlich bestürzt sein. Zitat aus der Broschüre »Fehlermanagement in Spitzenpositionen« (Hrsg. Kraft, Hannelore u. Jäger, Ralf; NRW-Verlag 2014): »Ich bin fassungslos, täglich aufs Neue fassungslos. Und kann fürs Erste auch nichts anderes tun als fassungslos sein.«
Etwas anderes, liebe Leser und Leserinnen, fällt uns auch nicht ein.