EINE GLOSSE VON ULRICH DEUTER
Neulich wäre in Nordrhein-Westfalen fast etwas passiert. Gott, was hätte das für einen Wirbel gegeben! Wie hätte alle Welt erstaunt auf unser Ländchen gestarrt: Da leben ja auch Menschen!
Aber dann ist eben doch nichts passiert. Bevor es so weit kommen konnte, war es schon wieder weitergeflogen nach England, so dass die dort es entschärfen durften und nicht wir hier: das Paket mit dem Sprengstoff aus dem Jemen.
Also stehen jetzt alle wieder herum im Land. Die einen auf dem Frachtflugplatz Köln-Bonn. Die andern auf der Autobahn. Die dritten um den Eimer, in dem die Pläne sind. 18 Millionen Menschen, die auf ihre Schuhspitzen blicken!
Aber natürlich passieren schon auch Dinge. In Wahn sucht man verstohlen nach einem zweiten Paket, vielleicht hat man Glück. Gelegentlich gähnt auch mal wer oder verschwindet vollständig wie Andreas Pinkwart. Worauf wieder einer gähnt. Oder es schreckt jemand auf, haut einmal auf die Hupe und sinkt wieder zurück. Während in Düsseldorf zwei Frauen einander den Dackelblick kontrollieren, Nullen an den Schwanz einer dicken roten Zahl binden oder versuchen, eine Gemeinschaftsschule in Ascheberg einzurichten. So was eben.
Dann starb in Oberhausen Paul. Aber sie haben sofort einen neuen Oktopus gekauft, der genauso aussieht und wieder Paul heißt. Und der wieder alle Ergebnisse voraussagt und den Fußballfreunden den Spaß verdirbt. Unterdessen hatten in Bonn die CDU-Delegierten zwischen ein und demselben landespolitischen Programm zu entscheiden, dargestellt durch zwei Männer, die ein und denselben Namen zu tragen noch nicht verwirklicht werden konnte. Gewählt wurde der verwechselbarere von beiden. Aber Röttgen mit Laschet anzusprechen ist okay.
Schließlich, der November war schon fast zu Ende, ist dann noch einmal beinahe etwas passiert. Sogar noch beinaher. Da hat in Duisburg jemand das, worin im Ruhrgebiet gebräuchlicherweise die Currywurst schwimmt, auf Adolf Sauerland gekippt. Das ist der Oberbürgermeister, der für nichts was kann. Aber dann wurde auch in diesem Fall nicht wirklich eine Sache draus. Einmal fehlte die Majo. Und zum andern kam heraus, dass nicht nur Sauerlands Charakter, sondern auch sein Anzug aus irgendeinem teflonbeschichteten Polyäthylenzeugs ist. So lief das Ketchup an ihm ab und der Als-OB wollte nicht mal eine Strafanzeige.
Während all dessen ist die Kulturministerin unseres Landes so präsent wie das Lächeln der Edamer Katze, das körperlos zwischen den Stühlen ihrer vielen Unterressorts schwebt. Hallo, Ute? Nichts.
Heute stand in einer der Tageszeitungen hier im Strichland, die wir deshalb so mögen, weil in allen dasselbe steht und wir daher nur eine lesen müssen, folgendes groß auf der ersten Seite: »Weihnachtsbaumpreise bleiben stabil«. So überaus treffend und zudem glänzend ist nirgendwo sonst formuliert worden, was letzten Monat los war im Land.