Eine Postkarte von Pina Bausch ist schon für sich genommen ein originelles Ausstellungsstück. Schöner noch als ein Exponat selbst ist oft die Geschichte, die es erzählt. In diesem Fall geht es um eine Sammlung von 80 Ansichtskarten im Bestand des Deutschen Tanzarchivs Köln, die Pina Bausch und Mitglieder ihres Tanztheaters Wuppertal in den 1980er Jahren an das Ehepaar Steinert von seinen Gastspielreisen aus aller Welt schickten. Die Steinerts betreuten damals die Pforte des Wuppertaler Opernhauses. »Die Ansichtskarten sind sicherlich keine essenziellen Quellen der Tanzgeschichte«, ordnet Thomas Thorausch, stellvertretender Leiter des Deutschen Tanzarchivs Köln das Konvolut ein, »dennoch belegen sie die Wertschätzung und Verbundenheit von Künstlern mit Menschen, die für den Betrieb eines Theaters unentbehrlich sind.«
Wenn das Deutsche Tanzarchiv am bundesweiten »11. Tag der Archive« am Sonntag, 6. März, von 14 bis 17 Uhr nun in seine Räumlichkeiten einlädt, werden die Archivar*innen zu Museumsführer*innen. Sie präsentieren historische Fakten, Geschichten und Kurioses rund um das Archiv, präsentiert in einer kleinen Tagesausstellung in der Bibliothek. Die Bibliothek und auch die Videothek, obwohl reine Präsenzbestände, stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Rund 160.000 Bilder im Bestand
Die Seele eines Archivs sind seine »Schätze«. Das Kölner Tanzarchiv beherbergt mehr als 500 Nachlässe und Sammlungen von Tänzern, Choreografen, Tanzpädagogen und Ballettkritikern – darunter die Sacharoffs, Harald Kreutzberg, Kurt Jooss, Mary Wigman und Dore Hoyer. Die Fotosammlung des Instituts umfasst rund 160.000 Bilder und 117.000 Originalnegative, dazu gesellen sich eine Kunst-, eine Kostüm- sowie eine Filmsammlung.
Was ist das derzeitige »Lieblingsstück« von Thomas Thorausch? »Anrührend ist für mich ein von Kurt Jooss eigenhändig zusammengefasster Pressespiegel über seine Ballettarbeit in Düsseldorf. Er ist Teil eines Dokumentenkonvoluts, das wir im Januar diesen Jahres erhalten haben.« Dabei handelt es sich um eine Korrespondenz, die der Pionier des deutschen Tanztheaters – vermutlich mit der Bitte um finanzielle Unterstützung – im Oktober 1954 mit Otto Flehinghaus führte, damals Chefjustiziar der Commerzbank AG in Düsseldorf. Beigefügt: Presseausschnitte »von der Rückkehr nach Deutschland 1949 bis zur Berufung nach Düsseldorf«. Thorausch: »Es berührt mich immer wieder, dass nach so langer Zeit Dokumente unser Archiv erreichen. Und dass diese Dokumente zum Glück von Menschen als erhaltenswert erachtet worden sind.«
Performances im Archiv
Das Kölner Tanzarchiv blickt auch in die Zukunft. Als »An-Institut« der Kölner Hochschule für Musik ist es ein wichtiger Partner für Tanzausbildung und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Auch die Studierenden der Folkwang Universität und der Deutschen Sporthochschule Köln nutzen die Bestände. Zudem loben Archiv und Ministerium für Kultur und Wissenschaft alle fünf Jahre den Tanzwissenschaftspreis NRW aus. Mit anderen Institutionen wie Museen, Bühnen und Archiven ist die Einrichtung bestens vernetzt. Vor allem Online-Projekte und das Thema Digitalisierung stehen im Vordergrund. So war mit der internationalen Fotoszene Köln zuletzt eine Ausstellung im Rahmen des Projekts »Artists meet Archive« realisiert worden. Für Bewegung im Museum sorgt außerdem das Projekt »Tanz im Museum«, bei dem sich regelmäßig Studierende des Zentrums für Zeitgenössischen Tanz in Performances mit den Ausstellungen auseinandersetzen.
Ab 30. April zeigt das Tanzmuseum die Ausstellung »Jahrestage«: Anhand ausgewählter Exponate sollen dann Geschichten aus der Geschichte des Tanzes erzählt werden. Von Menschen, die ihr Leben dem Tanz gewidmet haben, in Zeiten des Aufbruchs wie der Krise. Ein Panorama der Tanzkunst im 20. Jahrhundert – aus der Perspektive seiner kleinen und großen Akteure.