Ein Blog von Andreas Wilink
Der Kampf der Königinnen war das Drama des Jahres. Gemeint ist nicht »Der Gott des Gemetzels«, Yasmina Rezas Ehe-Bürgerkrieg aus dem Pariser Salon (in NRW zweimal auf die Bühne gebracht, in Bochum und Köln). Vielmehr Schillers Duell zweier Ladies, Maria Stuart und Elizabeth I., um Englands Land und Männer. Das Kino hat aus dem Stoff jetzt eine Fortsetzung gedreht (»Das goldene Königreich«), die Literatur ein neues Stück Gegenwart und RAF-Jubiläums-Beschäftigung erhalten (»Ulrike Maria Stuart« von Elfriede Jelinek), und das deutsche Theater sich seine »Inszenierung des Jahres« erwählt: Stefan Kimmigs Inszenierung des Dramas am Thalia Theater Hamburg.
Aber all dies Weitläufige, Großspurige, historisch Ausgemalte, assoziativ Verspielte oder intellektuell Unausgegorene ist gar nicht gemeint. Die Kür der Queens findet in NRW nämlich ganz anders statt: als Konkurrenz der Damen Amélie Niermeyer und Karin Beier, die ihr Reich etwas länger (Niermeyer am Düsseldorfer Schauspielhaus im zweiten Jahr) oder kürzer (Beier seit Herbst 2007 am Schauspiel Köln) innehaben. Zwar kann man nicht unterscheiden zwischen jungfräulicher Königin hier und als erotisches Gesellschaftswesen beleumundete Madame dort (obwohl Düsseldorfs Zeitungs-Klatschspalten dies gelegentlich nahe legen). Doch nicht nur wegen ihrer Leidenschaft für den elisabethanischen Dramatiker Shakespeare darf Beier ihr Haupt erhoben tragen, sondern auch wegen ihrer bislang klugen Herrschaft und Rückgewinnung von Terrain (Halle Kalk), strategischer Erfolge zu Lande (»Nibelungen«) und zu Wasser (»Moby Dick«) sowie nutzbringender personeller Entscheidungen am Kabinettstisch und an der Regiefront. Während die schwesterliche Rivalin der Landeshauptstadt die Gefangene ihrer eigenen selbstverschuldeten Politik (ein leer laufendes Kleist-»Käthchen«), taktischen Ausweichmanöver (Dürrenmatts »Alte Dame« als Karneval am Rhein) und vermasselten Feldzüge (Lars von Triers »Europa«, die antike »Orestie«) scheint. Es mag nicht gleich den Kopf kosten. Aber glückliches Regieren sieht anders aus.