Täuschend echt aussehende Androiden, die Bühne als Wasser-Spielplatz mit queeren Figuren, eine holographische Vision vom Ende der Welt oder rappende, bunte Wesen – thematisch, aber auch stilistisch hat NRW eine beachtliche Bandbreite an zeitgenössischem Tanz zu bieten.
Die Biennale findet in neun Städten statt – in Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Krefeld, Mülheim an der Ruhr, Münster, Viersen und Wuppertal. Dort werden 22 aktuelle Produktionen von freien Choreograf*innen und Ensembles präsentiert, die NRWs Produktionshäuser und Kulturämter aus 200 Bewerbungen ausgewählt haben. Dazu gibt es ein deutlich erweitertes digitales Angebot. Denn alle Stücke sind in den vergangenen zwei Jahren entstanden, als die Theater erst geschlossen und anschließend die Spielpläne überfüllt waren. Da half nur die Flucht ins Internet. Die Veranstalter nahmen erstmals über 20 digitale Formate in das Programm auf – zumal die Corona-bedingte Online-Version 2021 auf eine große Resonanz gestoßen war: Dokumentationen, Tanzfilme, Videoclips oder Porträts. Im Pilotprojekt »Digitale Bühne« ist eine Auswahl auf der Online-Plattform Spectyou verfügbar. Und: Das Düsseldorfer Künstlerduo Hartmannmueller hat eigens für das Festival Interview-Clips für Social Media kreiert.
Zu erleben sind zunächst die üblichen Vertrauten: Stephanie Thiersch, Reut Shemesh, Renegade, bodytalk oder CocoonDance, aber auch neue Talente. Diese Mischung spiegelt sich in den drei Uraufführungen: Neben Ben J. Riepes Performance »Ever/Rêve« beschäftigt sich die junge Kompanie MIRA mit künstlicher Intelligenz im Tanz. Das Nachwuchsensemble Yibu Dance widmet sich in »Whirling Ladder/Upright« der Formung des menschlichen Körpers und seiner mal göttlichen, mal tierischen, mal absurden Schönheit.
Die Eröffnung bestreitet CocoonDance mit seiner Produktion »RUNThrough III« im Mülheimer Ringlokschuppen Ruhr analog und über Livestream. In vier Residenzen hat sich das Ensemble um seine Choreografin Rafaële Giovanola von serbischer Folklore, Rap, Vogueing und inklusivem Theater inspirieren lassen. Wie so oft entstanden neue Perspektiven auf Bewegung und Körper, die zu einer faszinierenden Verbindung unterschiedlicher Bewegungssprachen führten. Weitere Programm-Highlights: Stephanie Thierschs Vision »Bilderschlachten« vom Ende der Welt – als Konzentrat der Originalfassung in Köln oder mit holographisch abgebildetem Orchester in Essen, der schmunzelnde Blick auf die Vergänglichkeit des Körpers von bodytalk, Katharina Senzenbergers »Wetland« über das transformative Potenzial von Wasser in Bezug auf Körper und Raum und Julio Cesar Iglesias Ungos bildgewaltiges Albtraumspiel der Replikanten, »Bladerunner!«
Für Tanzbegeisterte mit sinnesbezogenen und körperlichen Behinderungen haben die Veranstalter die Zugangsmöglichkeiten weiter verbessert. So ist auf der Website nicht nur das Programm zu finden, sondern auch Einführungsvideos zu Produktionen in Gebärden- und in einfacher Sprache. Dazu wurden Audio-und Video-Flyer produziert. Selbst tanzen kann das Publikum in den Vermittlungsformaten übrigens auch – um bei »Physical Introduction« oder »Physical Traces« das Bewegungsmaterial ausgesuchter Produktionen selbst auszuprobieren.
4. bis 14. Mai 2023, www.tanz-nrw-aktuell.de