Im aktuellen Jazz kommt dem Schlagzeug oft eine ganz besondere Bedeutung zu. Deshalb ist es kein Wunder, dass in der Szene gerade ein Schlagzeuger als neuer Star gefeiert wird: Makaya McCraven, 1983 in Paris geboren und seit Jahren Teil des lebendigen Musiklebens von Chicago. Als einer der Höhepunkte der Jazztage Dortmund zeigte er bei einem Konzert im Domicil, wie wandelbar seine Kunst ist.
In den vergangenen vier Jahren hat jede Alben-Veröffentlichung Makaya McCraven für ein mittelschweres Beben im Jazz geführt. Mit dem größtenteils live aufgenommenen »Universal Beings« 2018 angefangen bis zum ausgefeilten, auf vielen Studiosessions basierenden »In These Times« aus diesem Jahr 2022 hat er eine weit verästelte musikalische Sprache ausformuliert, die auf vielen Füßen steht – den Klassikern des Cool oder Spiritual Jazz wie Miles Davis und John Coltrane genauso wie europäischer Volksmusik (seine Mutter ist eine ungarische Folkmusikerin). Heraus kommen oft relativ kurze, klar fokussierte und akzentuierte Stücke, die um einen Beat gruppiert sind oder ein Thema in einem opulenten Orchesterarrangement erzählen.
Makaya McCraven live mit seinem Quartett
Deshalb ist spannend, Makaya McCraven live mit seinem Quartett zu erleben. Mit Matt Gold (Gitarre), Junius Paul (Bass) und Marquis Hill (Trompete) spielt er meist wesentlich längere Stücke, als von seinen Alben gewohnt – oder zieht die bekannten Kompositionen in die Breite, seine Mitmusiker dürfen immer wieder ausführlich solieren. Das macht den Sound manchmal weniger außergewöhnlich, anschlussfähiger an ein klassisches Jazzpublikum, das im Saal genauso vertreten ist wie hippe, junge Menschen.
Oft entsteht eine interessante Differenz zwischen dem Spiel McCravens und seiner Band, die erstmals als Widerspruch erlebt wird: Er drischt am Schlagzeug nervöse, frickelig-zisselige Beats und komplexe Rhythmen, beeindruckt dabei durch eine absolut erstaunliche, kunstfertige Beckenarbeit. Gitarre und Trompete spielen über diese schnellen Breakbeats betont langsame, genüsslich ausgekostete Melodielinien oder wiederholte, kurze Motive und aus dieser Spannung heraus entstehen Stück, nach denen sich die Begeisterung des Publikums wie ein Sturm entlädt. Besonders das Ende mit den Kompositionen »Finances“ und »Black Lion« (von »Universal Beings«) überzeugt so dermaßen, dass das Publikum noch lange nach einer weiteren Zugabe dürstet – aber nur noch eine weitere Verbeugung des schwitzenden Quartetts bekommt.