Die ganze Beggar’s Bagage – stoned. Schlaffe Körper unter Afrolook- Perücken. Lazy London. Lucy in the sky with diamonds. Tiger Browns Tochter bildet zusammen mit Polly und der Yoko-Ono-Klon- Mutter Peachum ein Schlager-Fuzzi-Trio der Siebziger. Alle hängen ab, rum und durch, als hätten ihnen Müntefering, von der Leyen und Ulla Schmidt jegliche Fürsorge entzogen. Es quietscht im System – und in den Scharnieren der Bühne, die Christoph Ernst in den Godesberger Kammerspielen als Sperrholz-Installation kreisen lässt: ein Gerüstbau mit miesen Wohnklos, niedrigen Zwischendecks und Schlafwaben, in denen Opfer der Depression simultan agieren, in verzweifelt putzige Polonaisen ziehen oder wie Termiten durch die Zivilisationsreste krabbeln, denen ein Ungeziefervernichter ordentlich Dampf macht und dabei aussieht wie ein »Jarhead« im Kuwait-Krieg.
Man ist irgendwie Lost in Translation, was an Brechts blöder Fabel und daran liegt, dass Thirza Bruncken uns die »Dreigroschenoper« gewissermaßen mit Yen heimzahlt. Ob sich das Team mit den Beats des Filmemachers Takeshi Kitano zugedröhnt hat? Stumpfer Stoizismus nistet in den Köpfen der Ganoven und Bettler, der Jackson Five or Six, Showgirls und Chorknaben, Weicheier und Warmduscher. Die lunaeske Inszenierung lässt sie vor sich hin stieren, mechanisch rammeln, mampfen und in Fast Food-Bechern stochern und Seppuko markieren. Menschen am Rande des sozialen Zusammenbruchs. Das Ensemble mit Susanne Bredehöft, Patrycia Ziolkowska, Günter Alt und Yorck Dippe ist Tamagotchi-Spielzeug in den Händen seiner Regisseurin. Mit den auf Gebälk und Wände projizierten knalligen Mangas demonstriert die ihre Anti-Haltung zum Stück – eine produktive Verweigerungsstrategie. Eine Zustandsbestimmung, die Witz hat, Esprit und Schärfe.
Nur die nimmeralten Songs (musik. Ltg. Michael Barfuß) werden ausgekostet, wenngleich schon mal mit Kung-Fu-Fighting gemixt. Ansonsten nimmt Bruncken die Story für keinen Cent ernst, bedient sie so nachlässig, als reichten ein paar Comic-Kürzel aus, ignoriert nonchalant die Anweisungen, weil die Verhältnisse nicht so sind wie am Schiffbauerdamm. Sondern viel ärger, trostloser, hässlicher. Und ist damit garstig süffisant, wenn nicht gar rigoros zynischer als BB gegenüber Fressen und Moral, sexueller Hörigkeit und Liebeswahn, Krieg den Palästen und Friede den Hütten, Mord und Totschlag, Verbrechen und anderen Kleinigkeiten. Kein Zweifel, wir sind im Leichenschauhaus gesellschaftlicher Theorie und Praxis. Weil das Verfallsdatum politischen Theaters überschritten ist, seziert Bruncken eine verfaulte Welt, die an nichts mehr glaubt – schon gar nicht ans Happy End. AWI