Dass die Kölner Oper im Mozart-Jahr den Jubilar nicht auch noch feiert, sondern ein Werk des Konkurrenten auf den Spielplan setzt, klingt gewitzt. Doch wieder fehlt dem glücklosen Haus der nötige Biss für die Pointe. Dem Hofcompositeur Antonio Salieri, der bis heute als angeblicher Mozart-Vergifter einen miesen Ruf hat, samt seinem Werk tut man hier keinen Gefallen mit der als ambitioniert annoncierten Ausgrabung. Schon die Ankündigung, dies sei »Mozart fürs Volk!«, verhieß wenig Gutes. Nicht nur, dass Martin Haselböck am Pult Salieris Musik strohig und in Virilität vortäuschender Dauerhatz durchrattern lässt und die Delikatesse und Empfindsamkeit, die jüngst Christoph Spering in der Kölner Philharmonie in Salieris »La Passione « überzeugend erspürte, nicht zu bemerken scheint. Mit Regisseur Christian Stückl, der am selben Ort bereits mit dem »Fidelio« nichts anfing, wurde zudem ein Mann fürs Grobe verpflichtet. Der Abend verkommt zur dürftigen Klamotte; aus der harmlos banalen Story wird albernes Kasperltheater. Stückl reicht es, dass er mit dem hohl tönenden Buffo-Bass Andreas Hörl als Rusticone (sic!) einen Münchner Muttersprachler zur Verfügung hat, um sich zurückzulehnen und dessen Witzchen ein Konzept ersetzen zu lassen. Auch sonst dient sich die Inszenierung dem Unterschichten-Fernsehen an. Die Rezitative werden durch deutsche Dialoge ersetzt, die aktuell so klingen: »Du geile Schnitte!«. Die soliden, doch glanzlosen Sänger mühen sich vergebens durch ihre stimmlich anspruchsvollen Partien, der Abend ist trotz gereihter Kalauer, Gewitterzaubers oder Entenjagd im Whirlpool nicht zu retten. Womöglich wäre der Aschenputtel-Handlung mit Ironie beizukommen gewesen, wenigstens aber hätte sich musikalische Sorgfalt zu Salieris Ehrenrettung gehört. So aber klingt die Buffo-Oper wie eine hysterisch durchdrehende Spieluhr. REM
Keine Schnitte
01. Jul. 2006