TEXT ALEXANDRA WACH
Was lässt sich nicht alles mit einem Verkehrsknotenpunkt anstellen. Die 1960 in Des Moines im US-Bundesstaat Iowa geborene Rita McBride ist eine Meisterin darin, profane Dinge, die man im Alltag keines Blickes würdigt, in Kunstobjekte zu verwandeln. 2011 beschenkte sie die Münchner mit der aus Rohren gewerkelten, nach dem Hollywood-Star der 1930er Jahre »Mae West« benannten Plastik. Kurvenreich schoss die Dame in die Höhe von 52 Metern – den Rekord der in Deutschland höchsten Skulptur im öffentlichen Raum fest vor Augen.
Wer seinen Blick aber auf die Superlative beschränkte, ließ sich eine weitere gedankliche Drehung entgehen. Ganz nebenbei holte McBrides imposantes Konstrukt den untertunnelten Effnerplatz aus dem architektonischen Hässlichkeitsschlaf. Ein Musterexemplar der Gattung »Nicht-Orte«, wie sie für den französischen Anthropologen Marc Augé vor allem an Autobahnen, Flughäfen oder Shopping Malls anzutreffen sind. Sie gleichen einander auch an den entferntesten Grenzen der globalen Ordnung und werden durch ähnliches Inventar dominiert. Für McBride willkommener Anlass, um die zeitgenössische Plastik mit den Mitteln der Verfremdung in eine neue Dimension zu drängen.Da wären etwa Tankstellen, die für das Sprudeln von Energie zuständig sind, Temperatur regelnde Klimaanlagen oder Kabelverzweiger, die für eine funktionierende Infrastruktur sorgen. Die Bildhauerin nimmt sich der Bedeutungsverschiebung mit spitzbübischer Heiterkeit an. Wie etwa im Fall der zwei Schaltschränke, die sie »Middle Manager« nennt: Weiß lackiert harren sie auf grauen Sockeln aus. Sonderbare Zwitter auf der Schnittstelle von minimalistischer Skulptur und standardisiertem Design. Aber wer oder was wird hier eigentlich geschaltet?
Wir Zeitgenossen sind es also, die ohne Not die Leitung an Maschinen abgegeben haben. Sie gewähren uns längst über den Filter von mathematischen Algorithmen Zugang zu Dienstleistungen, Gütern, Finanzströmen und nicht zuletzt auch zu Räumen. Eine aus Stahlplatten ausgestanzte Schlüssel-Galerie liefert die überdimensionale Werkreihe »Keys« samt passenden Schlössern. Gemeinsam stehen sie für ein exklusives System, das die lokale Erreichbarkeit begrenzt. Nur dass heute eher Plastikkarten das Verschließen an sich gerissen haben.
Im toten Winkel den Alltag scheinbar erleichternder Systeme, so McBride, gibt es kein Entkommen vor der Hybris funktioneller Vernunft. Miniaturmodelle von Parkhäusern, gegossen zu Bronzeskulpturen, erinnern im Obergeschoss der Kunsthalle daran, wie das Kommen und Gehen nach strikten Verhaltensvorgaben reguliert wird. Wer sich hier schon mal gegen die Richtung zu bewegen versucht hat, erntet nicht nur kritische Blicke. (…)
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der gedruckten Ausgabe von K.WEST.
»RITA MCBRIDE – GESELLSCHAFT«KUNSTHALLE DÜSSELDORF BIS 26. JUNI 2016; TEL.: 0211/8996256