Die Zeit des Goldrauschs. Da wird manches an die Oberfläche gespült – nicht nur Edelmetall, mehr noch Ausschuss. Städte entstehen aus dem Nichts. Ein Menschenleben kostet nicht viel. Wer nicht zu schweigen gelernt hat, kann auf ewig verstummen. Zwei Brüder, die anfangs alles andere als helle scheinen, Auftragskiller im Dienst eines fein gebügelten Schurken, sind einem gewissen Hermann Warm (Riz Ahmed) auf der Spur nach Kalifornien, der etwas besitzt, was ihr Auftraggeber haben will. Der grobe, ungestüme Charlie (Joaquin Phoenix), der seine Psyche auf Eis gelegt hat, und der ältere, feinfühlige, ruhige, sich an seine Sehnsüchte schmiegende Eli (John C. Reilly) sind von instinktsicher brutaler Cleverness: zusammen »The Sisters Brothers«. Und dann ist da noch John Morris (Jake Gyllenhaal), der ebenfalls Warm sucht, sich in dessen Vertrauen schleicht und so den Brüdern in die Quere kommt.
Der Western, wenn er denn gut ist, bietet eine Erzählung von dramatischer Wucht, die von den Finsternissen der Welt weiß und vom Schuldig-Werden. Er liefert den Menschen an sich und seine eigene Hölle aus, an das unerbittliche Tribunal, in dem jeder Angeklagter, Kläger, Zeuge und Richter zugleich ist. So auch der in Venedig mit dem Löwen für die beste Regie ausgezeichnete, meisterliche Film von Jacques Audiard über Männer, die sich von den Fesseln der Gewalt zu lösen bemühen und sich befreien von ihren Erinnerungen, falschen Zielen, Negationen – und der Ursünde des Vatermordes. Der intelligente Abenteurer Morris, der intellektuelle Idealist Warm, der eine chemische Formel und ätzende Lösung entwickelt hat, mit deren Hilfe das Gold-Erz im Wasser sichtbar wird, sowie Charlie und Eli Sisters haben äußere und innere Zerstörungskräfte zu überwinden. Am Ende wartet die Heimat – doch nicht für alle Vier.
»The Sisters Brothers«, Regie: Jacques Audiard, Frankreich, Spanien, Belgien, Rumänien, USA 2018, 120 Min., Start: 7. März 2019