Gott würfelt. Die Vorsehung. Das Schicksal, auch Fatum genannt – schlägt zu oder streichelt, enthält sich oder schüttet aus, geizt oder gönnt, je nachdem und ganz gleich, ob man daran glaubt oder nicht. Sein Schicksal soll man jedenfalls annehmen, nicht jedoch passiv hinnehmen. Pierre-Paul, Doktor der Philosophie und sokratisch geschulter Denker, der Epikur und Marc Aurel zitiert, wie andere Ergebnisse der Sporttabellen oder die Börsenkurse, arbeitet als Kurierfahrer eines Zustelldienstes in Montréal. Unterfordert und überqualifiziert, aber er findet ohnehin, dass Intelligenz fürs Fortkommen schadet, weil Zweifel und Skepsis tief sitzen und dies das jeweilige Gegenüber immer spüren lassen und verunsichern. Kein bisschen ein Held, ist P-P, der in seiner Freizeit in einem Projekt für Obdachlose hilft, halb und halb Parzival und Robin Hood.
Zufällig wird er Zeuge eines Raubüberfalls, bei dem zwei Männer erschossen liegen bleiben, einer verletzt flüchtet und zwei Taschen voller Geld ihm gewissermaßen vor die Füße fallen. Er nimmt sich die Millionen und deponiert sie zunächst in einem Miet-Container, denn zwei Detectives der Polizei haben so eine Ahnung. Und auch andere, die Steuerfahndung sowie ein Syndikat von Mafia-Gangstern, die den Coup geplant bzw. ihn fingiert hatten, sind nicht amused, sollte ihnen das Dollar-Vermögen durch die Lappen gehen.
Besser als Steven Soderbergh
Denys Arcand, Altmeister des kanadischen Kinos als Autor und Regisseur, der u.a. die tragikomischen Konversations-Meisterwerke und Ensemblestücke „Der Untergang des amerikanischen Imperiums“ (1996) und „Die Invasion der Barbaren (2003) gedreht hat und seine satirische Systemkritik in kluge Dialoge und gewitzte Situationen auflöst, holt noch mal groß aus. „Der unverhoffte Charme des Geldes“ macht dem Genre alle Ehre und ist womöglich besser als Steven Soderberghs „Oceans’s Eleven“ und manche seiner Vorgänger.
Pierre-Paul (Alexandre Landry) sucht kompetenten Rat: bei dem in Fachkreisen „The Brain“ genannten Finanzgenie Sylvain (Rémy Girard), der sich ins Gefängnis manipuliert hatte, wo er sich in BWL weiterbilden durfte, und der soeben aus der Haft entlassen wurde; und bei der ebenso schönen wie exquisiten Prostituierten Camille (Maripier Morin), die unter dem Künstlernamen der antiken Philosophin Aspasia ihre Dienste anbietet und bald ihre Beziehungen zu einem einflussreichen Offshore-Bankier (Pierre Curzi) reaktiviert. Der dient als Führer auf den Wegen und Umleitungen der Kapitalflüsse, die die halbe Welt durchfließen, bevor sie reingewaschen in der Schweiz münden.
Auch wenn es gelegentlich gewalttätig zugeht und einige sich die Hände sehr schmutzig und blutig machen, sind gute Manieren, Diskretion und lakonischer Humor die Mittel, um das Geld in die richtigen Taschen zu lenken und davon in zwei Stunden komödiantischen thrills zu erzählen. Westliche Zivilisationsmüdigkeit wird hier munter gemacht.