Weshalb sollten wir uns diese metzgernde Splatter-Monster-Show zumuten? Dieser Film zeigt das Unappetitliche auf eine Weise, die im Unklaren lässt, weshalb wir uns dies antun sollten. Abstoßend bis zu der Konsequenz, dass man wegschaut. Gerade auch, weil und wenn die Kamera in letzter Sekunde der Bluttat ausweicht. Zum einen wird hier Wirklichkeit (und Film-Wirklichkeit) dem Härtetest unterworfen. Zu anderen bedient Fatih Akin Klischees zuhauf und folgt inszenatorisch dem Mainstream, als wolle er sich mit seinem Genre-Stück eine Eintrittskarte nach Hollywood verschaffen.
Anders als Heinz Strunks Romanvorlage, ist Fatih Akins Bearbeitung ein Horrorfilm. Das auch reportagehaft weit gefasste, nicht ohne Humor angelegte Sittenbild vom Hamburger Kiez und der Bundesrepublik der 70er Jahre und ihrer noch unvergangenen braunen Vergangenheit maskiert sich unter der Hand des Filmemachers ins widerwärtig Groteske. Der Frauenmörder Fritz Honka verwandelt sich zu einer Art deutschem Freddy Krueger, so wie Jonas Dassler in der zweiten Haut des Serienmörders aus St. Pauli steckt: schwitzig, mit verklebtem Haar, fauligen Zähnen, klobig verformter Nase, stierem Blick hinter der tropfenförmigen Brille und einer traurigen Hilflosigkeit, die ihn manchmal in die Nähe des von Peter Lorre gespielten Kindermörders in Fritz Langs unüberbietbarem „M“ rückt. Immer nur für Momente.
Honka, in Leipzig geboren, Hilfsarbeiter, Nachwächter und Stammgast der Absturzkneipe „Der goldene Handschuh“, sitzt an der Theke zwischen Trinkern mit skurrilen Kampfnamen wie Doornkaat-Max (Hark Bohm spielt ihn – Akins Hommage an diesen anderen Hamburger-Milieu-Regisseur des Neuen Deutschen Films), Huren und sonstigen Nachtfalken, säuft und äugt nach Beute. Die schleppt er heim, vergewaltigt sie brutal, tötet und zerstückelt sie. In seiner dusteren Wohnhöhle und Wohnhölle hält er sich die obdachlose Gerda wie eine Sexsklavin, missbraucht und entrechtet sie.
Wenn Freddy Quinn singt „Junge, komm bald wieder“, während Honka seine Schnaps-Batterie aufreiht, ist dies die Vernichtung alles Romantischen von Hafen, See und Fernweh schlechthin. Wenn Honka die Handsäge hervorholt, um ans Werk zu gehen, singt Adamo „Es geht eine Träne auf Reisen“, und es scheint – pervertiert – eine Sehnsucht in der Fratze des schuftenden Killers auf, deren Abglanz sich in den Gesichtern der Opfer als Glückssuche und als Verrat an dieser Illusion erkennbar macht. Für Momente. Immer nur für Momente.