kultur.west: Frau Kraus, Sie waren den heutigen Tag über in Bonn. Was haben Sie erlebt?
KRAUS: Ich habe schon viele Gespräche geführt, weil wir das Programm für dieses Jahr feinjustieren müssen. Und weil es schon wichtige konzeptuelle und strukturelle Fragen gibt zur Weiterführung der Bundeskunsthalle. Ich war heute gleich bei meinem zukünftigen Kollegen Stephan Berg, im Kunstmuseum, den ich schon länger kenne. Wir wollen überlegen, wie wir kooperieren können und was man mit dem öffentlichen Platz zwischen den beiden Häusern tun kann. Der Tag ging schneller vorüber als gedacht!
kultur.west: Sie treten die Nachfolge eines geschätzten Intendanten an, der die Ausrichtung der Bundeskunsthalle in den letzten Jahren geprägt hat. Was gefällt Ihnen an der Arbeit von Rein Wolfs und wo würden Sie neue Akzente setzen?
KRAUS: Die großen Linien gefallen mir gut. Die Diversität und der breite, internationale Zugang. Auch die vielen Ansätze aus Wissenschaft, Technik, Kulturgeschichte. Das werde ich dankend aufgreifen. Ich möchte den gut bestellten Boden aber auch mit einigen neuen Akzenten besetzen. Viel frischen Wind wird es mit mir in Sachen Zeitgenossenschaft geben, denn die Beschäftigung mit dem Hier und Jetzt ist mir sehr wichtig. Das kann etwa so aussehen, dass man historische Themen in die Gegenwart weiterdenkt. Genauso werde ich versuchen, historisch bedingte Themen mit einem medialen zeitgenössischen Ansatz zu präsentieren. Ich habe mich sehr viel mit Präsentationsmethoden beschäftigt. Wie schaffe ich in einer Ausstellung einen niederschwelligen Zugang durch Wissensvermittlung? Wie schaffe ich es, den Besucher*innen Informationen abwechslungsreich zu präsentieren? Diese Fragen möchte ich aufgreifen.
kultur.west: Welche Erfahrungen aus Ihren bisherigen Tätigkeiten könnten Ihnen in Bonn nützlich sein?
KRAUS: Ich habe gelernt zu kooperieren und das ist, meine ich, auch weiterhin die Zukunft einer großen Institution wie der Bundeskunsthalle. Außerdem habe ich in der Vergangenheit intensiv gearbeitet zur Kultur- und Kreativwirtschaft. Mir ist es wichtig, verschiedene Gestaltungsbereiche – Tanz, Theater, Musik, Design, Mode, Gaming – im Programm abzubilden. Über Disziplingrenzen hinwegschauen, das möchte ich.
kultur.west: Die Intendanten der Vergangenheit waren eher Kunsthistoriker. Sie sehen sich als Kulturmanagerin.
KRAUS: Ja, ich verstehe mich eher als Regisseurin im Ausstellungsbetrieb denn als Wissenschaftlerin. Ich habe viel Freude an einer sinnlichen Inszenierung, frage mich kontinuierlich, wie man visuell, nonverbal Themen vermitteln kann. Sicher kann ich damit die Fachexpertise der Kuratorinnen am Haus unterstützen.
kultur.west: Bereits im Herbst ist ein Fenster im Programm für Sie frei. Haben Sie schon eine Idee, welches Thema Sie sich vornehmen wollen?
KRAUS: Einerseits ist es sehr schön, dass ich mich jetzt schon ins Programm einbringen kann, aber die Zeit drängt bis Ende des Jahres. Die Überlegungen laufen auf Hochtouren – mehr kann ich dazu leider noch nicht sagen.