TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Hätte man jetzt auch nicht gedacht, dass es Didi Hallervorden mal ins Museum schafft, vor allem nicht im Zusammenhang mit dem Film »Didi – der Doppelgänger«. Nun hängt das entsprechende Plakat im Museum Folkwang – in bester Gesellschaft und aus gutem Grund. Es ist Teil der Ausstellung »Gemalter Film« des Plakatmalers Renato Casaro. Sie beginnt mit Helden ganz anderen Formats: Lee van Cleef, Clint Eastwood und Klaus Kinski blicken westerncool in amerikanische Weiten; ein paar Schritte weiter erlebt Napoleon vor flammendem Hintergrund sein »Waterloo« und ein einsamer Cary Cooper macht sich in »Zwölf Uhr mittags« auf den Weg zum Showdown.
Es sind die 1950er Film-Jahre, Zeit der Western, Monumentalfilme und cineastischen Heldenüberhöhungen, als der Lithograf und Gebrauchsgrafiker Renato Casaro, der 1935 im norditalienischen Treviso geboren wurde, seine ersten Aufträge erhält. Die Ästhetik jener Jahre ist technicolorbunt, die Plakate wirken teils wie Schlachtengemälde, deren Heldenverklärung darin gipfelt, dass die Köpfe der Schauspieler über dem Geschehen in einem imaginären Himmel schweben. Casaro bildet so seinen Stil aus, den er bis zum Ende seines Schaffens beibehalten wird. Er malt nicht einfach eine Originalszene des jeweiligen Filmes ab, sondern schafft subjektive Zusammenfassungen des Stoffs und erzeugt im besten Fall ein stimmungsvolles, grafisches Pendant zum Film.
Was auf den ersten Blick wie ein funkelndes, farbsattes Foto wirkt, löst sich beim Nähertreten in Pinselstriche auf – die Arbeiten, die die Grundlage für das Plakat bilden, sind kleine, detailliert ausgeführte Gemälde; die Typografie und andere grafische Elemente wurden später hinzugefügt. Das Museum Folkwang kontrastiert an Beispielen optisch reizvoll das Original mit dem fertigen Endprodukt, so kann man an den Rändern grafische Passmarken oder Notizen entdecken.
Die Ausstellung umfasst drei Zeitabschnitte aus dem Werk Casaros und ist zugleich ein Gang durch die Kinogeschichte. Auf die klassischen Western der 50er und 60er folgen in den 70er Jahren die Plakate zu den Italowestern und Komödien mit Terence Hill, Bud Spencer oder Adriano Celentano. Casaro bleibt seinem Stil durch die Jahrzehnte weitgehend treu – die Gestaltung der Schriften und der Plakatlayouts wechselt indes und spiegelt den jeweiligen Zeitgeist.
Bis in die 70er arbeitet er mit Tempera- und gelegentlich mit Ölfarben, später experimentiert Casaro mit Acrylfarben und der Airbrush-Technik. Gerade letztere prägt die Plakate der 80er und 90er Jahre, wie die muskelbepackten Stallones und Schwarzeneggers in »Total Recall«, »Running Man« oder »Cliffhanger«. In dieser Phase arbeitet Casaro für internationale Produktionen wie »Der mit dem Wolf tanzt« oder »Der Name der Rose«. An seinem legendären Plakat für Sergio Leones Mafia-Epos »Es war einmal in Amerika« lässt sich der Unterschied zwischen Original und Plakat besonders gut erkennen. Auf Casaros handgefertigtem Layout sind die profilartigen Köpfe der Schauspieler funkelnd-golden koloriert, auf dem gedruckten Plakat daneben ist davon nur ein curry-ähnlicher Farbton übrig geblieben.
An diesem Plakat wird deutlich, warum sich Renato Casaro Ende der 90er aus seinem Beruf zurückzog. Es war nicht mehr seine Gestaltungswelt – handgemachte Plakate, geschweige denn Großflächen, waren nicht mehr gefragt. Computer bestimmten immer mehr die Design-Szene; Casaro wollte sich den damit verbundenen Gestaltungsvorgaben nicht unterwerfen. Sein letztes und grafisch etwas reizloses Filmplakat entstand 1999 für »Asterix und Obelix gegen Caesar«.
Gemalter Film – Plakate von Renato Casaro, Museum Folkwang, Essen. Bis 15. April 2012. Tel. 0201/ 8845 000. www.museum-folkwang.de