TEXT: GUIDO FISCHER
Wenn ein Musikfestival seine Feuertaufe mit 20 Uraufführungen bewirbt, werden selbst die bis nach Donaueschingen pilgernden Neue Musik-Touristen hellhörig. Tatsächlich: Beim Düsseldorfer Drei-Tage-Festival werden auch druckfrische Ensemble-Partituren von namhaftesten Zeitgenossen erstmals einem Praxistest unterzogen. Dazu zählen Gerhard Stäbler, Robert HP Platz und der verlässliche Vielschreiber Wolfgang Rihm. Doch nichts wäre langweiliger, als wenn man über altbekannte Neue Musik-Interpreten einfach eine Programmdramaturgie kopieren würde, die sich etwa bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik seit langem bewährt hat.
Deshalb bietet das erstmals von der Tonhalle veranstaltete »Schöne Wochenende« nicht nur Musik von heute, sondern noch aus dem italienischen Frühbarock. Damit werden Zeit- und Stilbrücken geschlagen, um beispielsweise die visionäre Chromatik des Madrigalkomponisten Carlo Gesualdo im Vokalwerk des Luigi Nono wieder zu belichten. Bei einem Violin-Solo-Recital reicht dann der Bogen von Bach bis zu den finnischen Spitzenkräften Kaija Saariaho und Esa-Pekka Salonen.
Während Steffen Schleiermacher anhand von Klavierwerken des amerikanischen Bad Boy of Music, George Antheil, den Flügel auch unter jazzigen Starkstrom setzt, präsentiert Moritz Eggert einige seiner surreal bunten »Hämmerklavier«-Stücke. Bei den insgesamt zwölf (auch tagsüber stattfindenden) Konzerten kann man so ziemlich all das hören, was laut Festival-Subline das »Moderne Hören« fördert. Dafür singt Posaunist Mike Svoboda sogar auf der Tuba und verwandelt sich über Live-Elektronik und Lautsprecher in einen großen Chor.
Den wohl ausgefallensten Titel aller Werke trägt ein Satz aus der »Sonate für Tiere«. »Vom Hängebauchschwein, das vom Fliegen träumte« ist für Bassklarinette mit Akkordeon und Schlagzeug geschrieben und stammt von Kevin Hunder-Conolly. Gerade mal zehn Jahre alt ist dieser Jung-Komponist, der die örtliche Clara-Schumann-Musikschule besucht und mit einigen Schulfreunden eingeladen wurde, über eine erste Talentprobe schon mal Festival- und Konzertsaal-Luft zu schnuppern. Wer weiß, vielleicht begegnet man hier den Wolfgang Rihms von morgen.
31. Januar bis 2. Februar 2014, Tonhalle & Robert-Schumann-Saal, Düsseldorf. www.tonhalle.de