Gelsenkirchen: Norbert Kricke am Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier
Über und unter einer freigelassenen Horizontale ordnet Kricke Stahlrohre in verschiedenen Längen an. Die „zwei Ebenen“ sind ähnlich, aber nicht identisch. Die Auslassung erscheint als Horizontlinie, die untere Anordnung als Spiegelung der oberen. Die Farbe der Röhren hebt sich nur leicht von der des Fassadenmaterials ab. Krickes Arbeit folgt der horizontalen Ausrichtung der Architektur, während die unregelmäßige Anordnung der Röhren einen Kontrapunkt zur klaren Form setzt. Trotz des industriell gefertigten Ausgangsmaterials gewinnt das Relief allein durch die Anordnung eine fast natürliche Anmutung. Die Assoziation der Spiegelung löst die Fassade auf und bringt sie optisch zum Schwingen. Norbert Krickes Röhrenrelief ist in seinem feinsinnigen Zusammenspiel mit der Architektur eine beinahe ideale Ausprägung der Kunst am Bau.
Es ist endlich weiß. So hatte Werner Ruhnau das Dach des kleinen Hauses am Musiktheater im Revier 1959 gedacht. Strahlend weiß, als optische Verbindung zum großen Haus. Seit einigen Wochen ist die Verkleidung mit Bleiplatten von dem gefalteten Aufbau durch eine Sanierung verschwunden. Der in fast schwarzem Naturstein verkleidete horizontale Sockelquader ist wieder in seiner klaren Form erkennbar.
Ein weiterer Effekt: Norbert Krickes »Großes Relief in zwei Ebenen« gewinnt deutlich an Wirkung. Das Gelsenkirchener Musiktheater ist für die Verschmelzung von Architektur und Kunst am Bau berühmt. Die meiste Aufmerksamkeit ziehen meist die Arbeiten von Yves Klein und Robert Adams auf sich. Bekannt sind vielleicht auch noch Jean Tinguelys kinetische Plastiken im Foyer des kleinen Hauses. Die stille Röhrenskulptur an seiner Fassade ging da immer etwas unter. Dabei ist die Arbeit von Norbert Kricke in seinem feinsinnigen Zusammenspiel mit der Architektur eine beinahe ideale Ausprägung von Kunst am Bau: Über und unter einer freigelassenen Horizontale hat er Stahlrohre in verschiedenen Längen angeordnet. Die »zwei Ebenen« sind ähnlich, aber nicht identisch. Die Auslassung wirkt wie eine Linie des Horizonts, die untere Anordnung als Spiegelung der oberen. Die Farbe der Röhren hebt sich nur leicht von der des Fassadenmaterials ab. Krickes Arbeit folgt der horizontalen Ausrichtung der Architektur, während die unregelmäßige Anordnung der Röhren einen Kontrapunkt zur klaren Form setzt. Trotz des industriell gefertigten Ausgangsmaterials wirkt das Relief allein durch die Anordnung natürlich. Der Eindruck der Spiegelung löst die Fassade ein Stück weit auf und bringt sie optisch zum Schwingen.
Dortmund: Bernd Altensteins »Szenario« am Schauspielhaus
Wenige Kilometer entfernt findet sich ein anderes Beispiel von Kunst an einer Theaterfassade. Am Dortmunder Schauspielhaus kriechen aus vorgewölbten Schlitzen in der Granitverkleidung Bronzefiguren. 1986 wurde die Figurengruppe »Szenario« von Bernd Altenstein geschaffen. Er gilt als prägende Gestalt der Bremer figürlichen Bildhauerei. An den äußeren Vertikalschlitzen drängen Bronzewülste hervor, die an Stoff, vielleicht flatternde Vorhänge denken lassen. Zentral sind zwei ausgestaltete Figuren zu sehen, von denen die eine im Sturz begriffen ist, die andere selbstbewusst emporsteigt. So offensichtlich der thematische Bezug zum Theater ist, wirkt die Fassadengestaltung merkwürdig deplatziert. Die Granitplatten bleiben ohne Bezug zur Relieffassade des Opernhauses, an das sie unmittelbar anschließen. Der Stil der 80er Jahre wirkt im Vergleich zum 1966 gebauten großen Haus altbacken. Altensteins – zwar handwerklich beeindruckende – Formensprache hat an diesem Eindruck des Unzeitgemäßen nicht unerheblichen Anteil. Das Überholte und Provinzielle setzt sich im Inneren fort, in einem völlig verbauten Foyer mit Treppen und Brücken unter einem für die Zeit typischen gläsernen Tonnengewölbe, dessen Architekt heute nicht mehr zu ermitteln ist.