Mit der Industrialisierung wurden die Flüsse zu reinen Nutzgewässern. Als Transportwege, Kühlwasserspender und Abwasserkanäle. Sie wurden begradigt und gegen Hochwasser in tiefe Kanäle abgesenkt. Seit einigen Jahrzehnten ist das Bewusstsein für den Wert der Gewässer wieder gestiegen, Schutzmaßnahmen greifen und die Wasserqualität selbst großer Flüsse wie Rhein und Ruhr ist rasant angestiegen. Ihre Bedeutung für Freizeit und Lebensqualität tritt wieder in den Vordergrund. Städte, die am Fluss liegen, nutzen das zur Vermarktung, »Wohnen und arbeiten am Wasser« ist einer der Lieblingsslogans von Investoren geworden.
Eine Flaniermeile auf 200 Metern?
Mülheim ist die einzige größere Stadt im Ruhrgebiet, die direkt am Fluss liegt, stolz führte man schon immer den Namenszusatz »an der Ruhr«. 2003 sollte es dann aber noch etwas mehr sein – »Ruhrbania« wurde aus der Taufe gehoben. Ein Begriff, unter dem sich verschiedene Städtebauprojekte versammeln. Kern ist die Promenade an der Ruhr samt »Stadthafen«, den umliegenden Neubauten und Sanierungen. Den Wettbewerb gewann 2014 das Düsseldorfer Büro RKW Architektur+. Warum das so ist, bleibt rätselhaft. Mag sein, dass es nicht ganz einfach ist, auf knapp 200 Metern Flussufer eine wirklich attraktive Flaniermeile zu schaffen, aber so öde wie in Mülheim muss es nicht sein. Zwar ist genug Platz für die Außenbestuhlung der Gastronomien, die im Erdgeschoss der angrenzenden Wohnbebauung vorgesehen sind, aber das war es dann auch schon. Im Hafenbecken dümpelt nur ein Schlauchboot. Ist diese Leere wirklich gerade nur Corona-bedingt? Die Promenade selbst traut sich ans Wasser nicht heran. Da ist nicht der Hauch einer Idee, wie attraktive und abwechslungsreiche Orte mit verschiedenen Aufenthaltsqualitäten und Bezug zur Ruhr entstehen können. Dabei hätte man nur einmal unter der Schlossbrücke hindurch gehen müssen. Wer wirklich an den Fluss will, nimmt lieber den alten Leinpfad. Dort finden sich im historischen Park, am Kanals des Wasserbahnhofs entlang, einige Varianten, wie Orte am Wasser inszeniert werden können.
Der »Rheinboulevard« in Köln
Mit dem »Rheinboulevard« in Köln-Deutz sollten gleich mehrere städtebauliche Probleme gelöst werden: Der Zugang des rechtsrheinischen Stadtteils zum Fluss, die Aufwertung der Umgebung und – zumindest emotional – die Anbindung an die andere Uferseite. Das Berliner Büro Planorama bekam den Zuschlag für seinen Entwurf einer Treppenanlage, die wie eine Zuschauertribüne den Blick auf Dom und Hauptbahnhof inszeniert. Elegant folgen die sanft gerundeten Sitzstufen in hellem Beton der Uferlinie. Stützmauern in dunklen Riemchen lassen verschiedene Niveaus entstehen und sichern die Benutzbarkeit auch bei Hochwasser. Auskragende Plattformen und historische Funde, die weiterhin zu sehen sind, schaffen zusätzlich Abwechslung. Sowohl direkt am Wasser wie auch auf dem obersten Niveau sind gleich zwei Promenaden mit unterschiedlichen Anmutungen entstanden. Bis zu zehntausend Menschen finden auf den Sitztreppen mit spektakulärem Blick auf die Altstadt Platz. In Köln gelingt so durch eine klare und gleichzeitig vielfältig nutzbare bauliche Struktur die Anbindung von Deutz an den Rhein und darüber hinweg an die linksrheinische Innenstadt.