»Wohnen und Arbeiten am Wasser« – das ist immer noch ein Lieblingsspruch von Stadtplanern und Projektentwicklern. Dabei ist das neu angelegte Regenwasserrückhaltebecken die eher kleine Lösung, die urbane Entwicklung ehemaliger Hafenareale hingegen die Königsdisziplin.
Das Büro Ingenhoven in Düsseldorf
Der Düsseldorfer Medienhafen ist mit seiner Ansammlung architektonischer Eitelkeiten nicht unbedingt das geglückteste Beispiel. Wo sich zu viele Star- und Sternchen-Architekten in den Vordergrund drängen, leidet schnell die Aufenthaltsqualität und entsteht nicht unbedingt ein urbaner Raum. Die löbliche Ausnahme sind hier Ingenhoven Architects, die an der Kaistraße 1994 bis 1997 das ehemalige Speichergebäude der Firma Cretschmar von 1956 umbauten. Eingezwängt zwischen einem uninspirierten Hochhaus von Steven Holl und einem neobrutalistischen von David Chipperfield, war die Ausgangslage nicht gerade einfach. Das Büro Ingenhoven entschied sich für eine zurückgenommene Architektur, die ein wenig Ruhe in das Gesamtensemble bringt. Das bestehende Gebäude wurde bis auf die Betonstruktur rückgebaut, das gleichmäßige Raster beibehalten und mit bodentiefen Fensterflächen gefüllt. Zwei Staffelgeschosse ergänzen den Bürobau. Die schlichte, funktionalistische Ausrichtung des Speichergebäudes bleibt sichtbar, weil man auf eine Verkleidung der Betonstützen und -decken verzichtet hat und so im Innenraum flexible Büroaufteilungen ermöglicht.
Das »Haus am Pegel« in Neuss
Auch die kleine Stadt Neuss gleich nebenan hat ein eigenes Gebiet am Wasser: Im Zollhafen, der am Rande der Innenstadt liegt, hat sich das Düsseldorfer Atelier Fritschi + Stahl mit seinem »Haus am Pegel« am Umbau eines Lagerhauses versucht. 1866 wurde der städtische Schlachthof gebaut, der 1908 zur Abfertigungsstelle der Zollbehörde umgebaut wurde. 1954 erhielt die Zollbehörde ihren Sitz dann in einem neuen Kopfbau, das Lagerhaus wurde von verschiedenen Unternehmen genutzt und erhielt den Namen »Neska-Hallen«.
Fritschi + Stahl ließen 2006 den Kopfbau abreißen und ersetzten ihn durch einen neuen, roten Quader mit großen Fensterflächen. Das Lagerhaus wurde grau verputzt, am anderen Ende ein auskragender Kubus in patiniertem Kupfer aufgesetzt. Der gesamte Bau strahlt dadurch nun eine merkwürdige Belanglosigkeit aus und erinnert besonders mit seinem roten Kopfbau an einen Baumarkt oder Kinokomplex. Was die Architekten in der Projektbeschreibung sagen, ist schlicht unsinnig: »Der Charakter des alten Lagerhauses ist weiterhin spürbar, als Reminiszenz an seine industrielle Vergangenheit. Die Fassadengliederung respektiert den ehemaligen Duktus.« Historische Aufnahmen zeigen, dass die ursprüngliche Fassadengliederung schmale Fensterbänder hatte, die in regelmäßigen Abständen von Türen zur Anlieferung unterbrochen wurden. Inwiefern sich das in der heutigen, unregelmäßigen Anordnung der Fenster widerspiegeln soll, bleibt ein Rätsel. Man mag einwenden, dass solche Beschreibungen nur formuliert werden, um Bauherren zu überzeugen, und danach schnell in Vergessenheit geraten. Schön wäre es manchmal aber schon, wenn Architekten nicht allzu tief in die Kiste mit Marketingfloskeln griffen. Denn die Realität in Neuss sieht anders aus.