Beton ist rar und wertvoll, genauso wie Glas. Denn hochwertiger Sand ist nicht unbegrenzt verfügbar. Weltweit wird er mittlerweile auch illegal abgebaut, weil der Hunger der Bauwirtschaft die Preise in die Höhe treibt. Verschärft wird das Problem dadurch, dass einmal verbauter Sand nicht wiederverwertet werden kann. Auf der Suche nach nachhaltigeren Lösungen haben in den vergangenen Jahren Architekt*innen immer wieder neue Möglichkeiten für den Holz- und Holz-Hybrid-Bau ausgelotet. Gerade die Kombination aus Beton- oder Stahl-Tragstrukturen mit Holz-Elementen brachte Höhenrekorde hervor. Eine Erfolgsgeschichte mit Folgen: Der Preis für Bauholz ist explodiert.
Doch welches Images hat Holz in der Architektur? Als traditioneller Baustoff wirkt es schnell betulich, gemütlich zwar im Innenraum, aber das am liebsten auch nur im Urlaub in den Alpen oder in Schweden. Da gehört das Holzhaus halt hin. Und waren wir nicht alle glücklich, als die Rundum-Holzvertäfelungen endlich wieder aus den meisten Wohnungen verschwunden waren?
In Bochum zeigt das Büro Banz + Riecks, wie moderne Holzarchitektur ohne Bauernhaus-Romantik geht. Für die neue Mensa der Schillerschule entwarfen die Architekt*innen einen schlichten Kubus. Der Mensasaal erstreckt sich über die gesamte Gebäudehöhe von sechs Metern, während die Nebenräume auf zwei Geschosse verteilt sind. Auf der offenen Tragstruktur aus Holz lagert das ebenfalls innen holzverkleidete Dach. Die Außenhaut des Saales bildet eine Glasfassade mit dunkelgrauen Aluminiumprofilen. Klare, zeitgenössische Architektur, die mit großer Selbstverständlichkeit alle Qualitäten des Baustoffes Holz nutzt, insbesondere auch die atmosphärischen, klimatischen und raumakustischen.
Bei der Kapelle im Diözesanzentrum der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg im sauerländischen Rüthen geht das Büro RSK Architekten aus Paderborn noch weiter: Der Bau besteht aus drei gegeneinander geneigte Würfel, schiefe Fenstereinschnitte formen an der Vorderfront ein Kreuz, dazu gibt es unterschiedliche Holzverkleidungen. Alles sehr modern, fast schon zeitgeistig. Auf den ersten Blick könnte es sich auch um einen Entwurf von Daniel Libeskind handeln.
Der Bau war 2017 in Holzrahmenbauweise errichtet worden – und das in großen Teilen von der Pfadfinderschaft selbst. Die Fassade ist mit unbehandeltem Lerchenholz verkleidet, das mittlerweile eine schöne, silbergraue Farbe angenommen hat. Um die einzelnen Baukörper nach außen hin deutlich voneinander abzusetzen, haben die Verkleidungen unterschiedliche Ausrichtungen. Das ist im Fall der horizontalen und vertikalen Latten als gestalterisches Element vertretbar. Der Eingangsbau allerdings wurde mit Schindeln abgesetzt. Und da wird es dann doch wieder merkwürdig beschaulich. Die Holzschindel ist so eng mit der traditionellen alpenländischen Architektur verknüpft, dass sie hier völlig falsch wirkt. Wie vorgeklebt, besonders weil sie an den schrägen Fenstern einfach abgeschnitten ist. Überdeutlich gehen hier architektonische Formensprache und Material zwei ganz verschiedene Wege. Mag sein, dass dieses Spannungsverhältnis eine absichtliche Irritation sein soll. Es wirkt aber leider doch nur prätentiös.