Manche Menschen trauern bis heute einem Teich in Dortmund nach – zu Recht. Eingebettet in eine kleine Grünanlage, war er direkt gegenüber des Dortmunder Hauptbahnhofes zu finden. Mit seinen vielen Sitzgelegenheiten und einem Springbrunnen gehörte er zu einem freundlichen, offenen Stadt-Entrée, das 1959 die Architekt*innen Mechthild Gastreich-Moritz, Ulrich Gastreich und Hans Georg Tebarth entworfen hatten. Hinter dem Teich erhob sich eine Reihe zweistöckiger Pavillon-Bauten, vorne auf dem Platz wartete eine rundum verglaste City-Information auf Ruhrgebietsgäste.
Heute gibt es dort nur eine öde Pflasterfläche, die zum Eingang des Deutschen Fußballmuseums führt. Und dort, wo die Pavillons waren, steht seit 1999 der massige fünf- bis siebengeschossige, mit blassrotem Quarzit verkleidete Riegel der Landes- und Stadtbibliothek. Mario Botta hatte für sie das Bild einer neuen Stadtmauer gefunden. Schutz und Verriegelung im Gegensatz zur lichten Offenheit der 50er Jahre – deutlicher konnte der Schweizer sein so gänzlich anderes Verständnis von Stadt kaum zum Ausdruck bringen. Dass sich die Stadt Dortmund in einem Gutachterverfahren für Bottas Entwurf entschied, überraschte seinerzeit. Weltruhm hatte er als Vertreter der Tessiner Postmoderne erlangt. In den 1990ern hatten Stil und Architekt ihren Zenit aber längst überschritten.
Neben dem Stadtmauer-Bild will Bottas Entwurf noch an etwas anderes erinnern: Die sich nach unten konisch verjüngende, angeschnittene Rotunde, in der sich die eigentliche Freihandbibliothek befindet, soll an eine Wolke erinnern. Mit ihrem schwarzen Tragwerk und den dunkel getönten Scheiben verheißt sie aber nur ein dräuendes Gewitter. Düster ist auch die Eingangssituation: Hier ist ein zugiger Unort zwischen Riegel und Rotunde unter einer Verbindungsbrücke entstanden, als müsste der Zugang zu den Bücher vor allzu viel Neugier geschützt werden.
Universeller Wissensspeicher
Auch die Ruhruniversität in Bochum (RUB) ist nicht frei von Angsträumen. Die Gesamtplanung von Hentrich, Petschnigg und Partner aus den frühen 1960er Jahren hat mit seinen vielen aufgeständerten Gebäuden, Treppenanlagen und Überdachungen einige Defizite. Und dennoch gilt die Universitätsbibliothek von Bruno Lambart und Peter Friedeberg zu Recht als Ikone und ist wie die gesamte RUB seit 2015 denkmalgeschützt. Als universeller Wissensspeicher steht sie in der zentralen Achse des Areals. Der Weg zur eigentlichen Lehre führt also um sie herum. Über dem zurückgesetzten, verglasten Erdgeschoß erhebt sich eine auf Pfeilern gelagerte Sichtbetonfassade, die von abwechslungsreichen Fensterbändern durchzogen ist. Gleich am Eingang empfängt ein Ziegelrelief von Henryk Dywan Besucher*innen – nur eines der zahlreichen Beispiele für Kunst am Bau auf dem gesamten Universitätsgelände. Ein neueres ist der leuchtende Schriftzug am First der Bibliothek von Mischa Kuball. Im Inneren haben zahlreiche Anpassungen an die modernen Abläufe und Bedürfnisse einer Bibliothek Spuren hinterlassen. Der Eindruck eines offenen, demokratischen Raumes des Wissens ist aber auch heute noch erkennbar. Er zeigt sich vor allem in dem von oben belichteten zentralen Treppenhaus, in dem die massive Beton-Konstruktion eine Struktur von überraschender Leichtigkeit und großer Vielfalt der Perspektiven bildet. Mit all den Treppen, Absätzen und Pflanzbehältern entsteht hier ein Raum, an dem man sich gern aufhält. Genau richtig für eine Bibliothek, die ein Ort des Austausches ist. Und der Konzentration.