// Während die beiden Montag-Stiftungen »Jugend und Gesellschaft« sowie »Urbane Räume« eher Think tanks sind und daher mehr im Hintergrund Gutes tun, steht die älteste der drei von dem Bonner Unternehmer Carl Richard Montag gegründeten Stiftungen, die für Bildende Kunst, ganz von selbst im Licht der Öffentlichkeit: Sie fördert Künstler und organisiert Ausstellungen (s. K.WEST 12.2006). Weil sie dies seit jetzt zehn Jahren tut, gönnt die mäzenatische Gesellschaft sich und 27 von in bislang acht Kunstprojekten engagierten 54 internationalen Künstlern eine kleine Jubiläumsschau. Sie trägt den etwas grauen Namen »Blick zurück nach vorn«, präsentiert sich jedoch überaus bunt, also vielfältig und an Interesse weckendem Ort, nämlich in der dem Bonner Stiftungen-Sitz Villa Prieger unmittelbar benachbarten, seit langem leerstehenden Villa Ingenohl. Die ist ein Gründerzeitbau inmitten alten Baumbestandes und mit Rheinblick, nach ihrer Glanzzeit als Nebenresidenz des Bundeskanzleramtes inzwischen reichlich heruntergekommen und daher vorzüglicher Inspirationsort für Künstler. Von denen haben einige die Anregung aufgenommen, so hat der Düsseldorfer Horst Gläsker der außen weißen, innen angeschmuddelten Villa einen begehbaren Farbraum spendiert, in dem sich von den hohen Wänden lustvoll herablaufende Spektralschlieren in hochglanzgelackten, schwarzen Bodenplatten spiegeln. Und Eva-Maria Joeressen und Klaus Kessner sind mit einer auf die eigenen Füße gerichteten Videokamera durchs ganze dreistöckige Haus gelaufen und zeigen den zerlegten und vom Computer live immer wieder neu sequenzierten Film auf einem Flatscreen.
Mit die besten Arbeiten haben sich in dem düsteren und verwinkelten Keller des Anwesens versteckt: ein in einem Verschlag vor sich hinflimmernder sehr suggestiver Film mit einem kleinen unheimlichen Holzhäuschen von Markus Draper (Berlin); ein nebenan im Heizungskeller installiertes bitter-ironisches Videostück über Landschaftsvernichtung durch Braunkohleabbau und was danach kommt, aus den Händen des Leipziger Künstlerkollektivs solitaire FACTORY. Drei Stockwerke darüber herrscht ebenfalls unsicherer Grund: Nach des Kölner Künstlers Stefan Korschildgen Wille schwankt der Boden unter den Füßen der Besucher wie ein Kahn und gibt für den Kipp-Augenblick einen Wandsockel mit Schriftzügen frei, die auf den unten vorbeifließenden Rhein anspielen: »… schwindelnd trägt er dich fort auf rastlos strömenden Wogen« (Schiller) zum Beispiel.
Hochgehoben auf künstlerischen Wellen wird man jedoch nicht von jeder der gezeigten Arbeiten, zu oft begegnen drinnen und draußen keine Kunstwerke, sondern bloße Umsetzungen einer schwachen Idee. Da mag man gern in Kauf nehmen, dass die Arbeiten von Felix Droese und Beate Passow zwar keinen Bezug zum Ausstellungsort erkennen lassen, dafür aber hohe Qualität: Droeses Riesenpapierschnitt »Die Realisie- rung des Raumes zwischen Ja und Nein« etwa beeindruckt durch die formale Kraft seiner schwarzen, im Kommunikationslarifari kopflos gewordenen Figuren. Und Passows »Financial Times« verbindet, wie so oft bei der Münchner Künstlerin, Idylle und Grauen unheimlich genau: Die Wandarbeit zeigt zwei Börsenkurs-Seiten des Wirtschaftsblattes vom 12. September 2001, stark vergrößert – und eingestickt auf rosa Seide wie ein Küchenschmuck. //
Bis 14. Sept. 2008. Bonn, Raiffeisenstr. (gegenüber dem Museum Koenig). Tel.: 0228/267160. www.montag-stiftungen.de/blick-zurueck-nach-vorn/