Dani Karavans »Garten der Erinnerung« im Duisburger Innenhafen
Frühling im Garten: Männer mit Maschinen bestellen das Feld, eine U3-Gruppe tappt im Gänsemarsch über weiße Mäuerchen, die sich durchs Grün ziehen. Auf dem mit Schutt gepflasterten Weg eilen Radfahrer hin und her. Ob sie wissen, worüber sie rollen? Seit bald zwanzig Jahren gehört zu Duisburg: Der »Garten der Erinnerung« direkt am Ufer des Binnenhafens. Eine ziemlich bemerkenswerte Sache. Immerhin hat sein Schöpfer, Dani Karavan, rund um den Globus Ruhm geerntet mit seinen eigentümlichen Denkmälern und Environments, seinen abstrakten Monumenten, den Baumpflanzungen, Gärten und Begegnungsorten. Die Liste ist lang und reicht vom Betonlabyrinth der israelischen Negev-Wüste bis zur Gedenkstätte am Klippenpfad bei Portbou an der spanischen Mittelmeerküste, wo sich Walter Benjamin auf der Flucht vor den Nazis in den Tod gestürzt hat.
Nach
Duisburg war Karavan Ende der 1990er Jahre gekommen, um seinen »Garten«
anzulegen. Hätte der Künstler noch einmal nach dem Rechten geschaut an diesem Vormittag
im Mai, er wäre sehr zufrieden mit dem alltäglichen Betrieb im Grün. Denn seine
Arbeiten seien gemacht, um von Menschen benutzt zu werden, hat der 1930 in Tel
Aviv geborene Sohn eines Gartenarchitekten festgestellt. Und ging noch weiter:
»Ohne Menschen existiert meine Kunst nicht. Meine Arbeiten sind nicht zum
Betrachten, sondern zum Erleben da.« Sonnenbaden in den Rasenwellen und
Versteckspiel zwischen Trümmern: Dani Karavan hat es so gewollt.
Doch dachte er bei seiner Äußerung nicht allein ans
Freizeitvergnügen. Wesentlicher als der praktische Nutzen ist bei Karavan das
beziehungsreiche Spiel mit dem Schauplatz und seiner Geschichte. Seinen
Schaffensprozess hat er mal als »Ablauschen« des jeweiligen Ortes umschrieben. So
auch im »Garten der Erinnerung«, der eine Brücke schlägt zwischen der
industriellen Vergangenheit des einst größten Binnenhafen Europas und der
Gegenwart des Geländes als multifunktionalem Wohn- und Dienstleistungspark.
Karavan hat sie einfach stehen gelassen. Seine »Grünanlage«
im Innenhafen ist gespickt mit den Zeugen alter Zeiten: Da sind zum Beispiel
die beiden weißgetünchten Treppentürme an den Rändern des Geländes. Mit ihren
wie Wurzelwerk hervorragenden Armierungseisen und den Kiefern auf dem Dach liefern
sie beinahe surreale Akzente. Auch jene weißen Mäuerchen und Betonbänder, die
das Terrain überziehen und zum Gänsemarsch laden, haben ihre Geschichte – Karavan
zieht mit ihnen säuberlich die Grundrisslinien abgerissener Bauten nach. Die räumlichen
Dimensionen der abgerissenen Industriebauten lässt er deutlich werden mit Blick
auf die tragenden Stahlgerüste einer Halle, die wie riesige Antennen aus der
grünen Wiese wachsen. Würden Radfahrer oder Spaziergänger innehalten und die
Augen zu Boden richten, könnten sie im Belag des zentralen Weges leicht alle
möglichen kleinen Reste alter Gebäude erkennen. Die ganz dicken Brocken hat der
Künstler am Rand zum »Steingarten« aufgeschüttet, der das Areal zum
angrenzenden Seniorenheim abschottet.
Seit den späten 1950-er Jahren bis in die 70er hinein hatte Karavan als Bühnenbildner für Theater und Oper gearbeitet. Weiß man das, könnte einem sein Duisburger »Garten« leicht als Bühne erscheinen. Und die Besucher als Akteure, die flanieren, balancieren, über Bodenwellen turnen oder Fangen spielen rund um die riesige verrostete Getreidewaage, die er ins Zentrum rückt. Natürlich kommt auch der Bepflanzung eine wichtige Rolle in der Innenhafen-Inszenierung zu: Den Schutt vor dem Seniorenheim ließ Karavan wild bewuchern und fügte schmückend Weißdorn, Wildrosen und Schlehen hinzu. Auf dem erhabenen Boden einer früheren Speditionshalle pflanzte er Laubbäume, die mittlerweile weit übers Skelett des Dachs ragen. Selbst die Feldarbeit an diesem Tag hat ihre Geschichte: Der Duisburger Hafen war früher zentraler Umschlagpatz für Getreide. Der »Brotkorb des Ruhrgebiets« hatte die sprunghaft anwachsende Bevölkerung im Revier zu versorgen. Für Nachschub sorgen nun auch die Männer mit den lauten Maschinen. Sie bereiten den Boden für Getreidesaaten und Sonnenblumen. Dreifelderwirtschaft im Kleinen.
Innenhafen Duisburg; jederzeit geöffnet; frei zugänglich.
Gärten von Haus Lange und Haus Esters in Krefeld
Normalerweise benutzt man die Haustür. Tritt ein in die wunderbaren Villen, die Ludwig Mies van der Rohe in den 1920er Jahren als Wohnhäuser für zwei Fabrikanten gebaut hat. Seit Jahrzehnten stellen Haus Lange und Haus Esters (einen Hintergrund zum Neuen Bauen in NRW finden Sie hier) unter Beweis, dass sie auch als Ausstellungshäuser sehr gut funktionieren. Die Kunstmuseen Krefeld nutzen das weitgehend im Originalzustand erhaltene Ensemble für Wechselausstellungen zeitgenössischer Positionen, die im Dialog mit der Architektur oft Arbeiten speziell für diesen Ort schaffen.
Alle
wollen hinein. Das Tor zum Garten, rechts neben Haus Esters, wird dabei meist
übersehen. Vielleicht, weil nur wenige wissen, dass Mies van der Rohe auch im
Grünen seine Handschrift hinterließ.
Alles ist als Einheit gedacht, geplant und wurde im Jahr 2000 nach Gesichtspunkten der Gartendenkmalpflege und mit Hilfe historischer Luftbildaufnahmen auch wieder so hergestellt. Die großen Fenster sollen fließende Übergänge schaffen. Die schlichte Strenge im Innern wird unter freiem Himmel fortgesetzt auf geradlinigen Wegen und in klar aufgeteilten Beeten. Aber das ist noch nicht alles. Wie in den Häusern hat auch im Freien zeitgenössische Kunst einen Platz. Zehn Werke sind zu sehen, fast alle wurden speziell für den Platz geschaffen. Richard Serra etwa setzte zwei »Elevations for Mies« aus rostigem Stahl auf den Rasen, Ludger Gerdes findet mit einer großen gelben Leuchtschrift im Blumenbeet Platz. Auf der Terrasse thront ein zweieinhalb Meter großer Granitblock, gespalten und geschnitten von Ulrich Rückriem.
Wilhelmshofallee 91 – 97, Krefeld; Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr; der sonst freie Zugang kann zurzeit durch die Corona-Pandemie beschränkt sein; Tel.: 02151 / 975580.
Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal
Vor gut zehn Jahren erfüllte Tony Cragg sich seinen Traum: Der Bildhauer kaufte ein zwölf Hektar großes, verwildertes Grundstück samt denkmalgeschützter Villa, um dort eigene und andere Werke zu zeigen. Inzwischen ist sein Skulpturenpark Waldfrieden auf den Wuppertaler Höhen längst eine feste Kunstadresse. In der Gartenanlage lebt das Gesamtkonzept Waldfrieden fort, das der Architekt Franz Krause gleich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hatte. Cragg bereichert es durch 40 Skulpturen, die sich im stimmungsvollen Parkwald verteilen. Die meisten Arbeiten stammen vom Hausherrn selbst, doch sind auch prominente Kollegen vertreten: von Henry Moore über Thomas Schütte bis zu Erwin Wurm. Und es werden immer mehr.
öffnet wieder ab 2. Mai 2020, Hirschstraße 12, Wuppertal; März bis Oktober: Dienstag bis Sonntag 10 bis 19 Uhr; November bis Februar: Freitag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr; kostenpflichtig, Tel.: 0202 / 47898120.
Gräflicher Park in Bad Driburg
In die Mitte des Irrgartens gehört eine Aussichtsplattform. Das war schon immer so. Im Gräflichen Park erhält die Tradition ein künstlerisches Upgrade, entworfen eigens von Michael Sailstorfer. Bekannt ist der Bildhauer aus Berlin etwa für den Kronleuchter, an dem nicht Kristalle, sondern Bierflaschen hängen – jeder darf sich bedienen. Oder auch für die umfunktionierte Betonmischmaschine, aus der duftendes Popcorn in den Ausstellungsraum quillt. Für Bad Driburg hat er eine Art hölzernen Hochsitz entworfen und nennt ihn »Kopf über Körper«. Jeder darf hinaufsteigen und die Aussicht genießen. Ein Hingucker von oben wie von unten. Auch sonst hat der 64 Hektar große elegante Park einige Überraschungen zu bieten. In das von Klassizismus und Biedermeier geprägte Gesamtbild der Anlage mischen sich überall zeitgenössische Akzente. Eine verwandelte Parkbank von Jeppe Hein zum Beispiel und ein Wasser-Mobile der Britin Angela Conner. Neben Bildhauern hat auch eine Reihe zeitgenössischer Parkdesigner Spuren hinterlassen, voran Piet Oudolf. Der mit 30.000 aufeinander abgestimmten Pflanzen gestaltete Stauden- und Gräsergarten des Niederländers ergießt sich wie ein blühender Fluss über die weiten Rasenflächen.
Brunnenallee 1, Bad Driburg; April bis Oktober: täglich 8 bis 18 Uhr; kostenpflichtig; der sonst freie Zugang kann zurzeit durch die Corona-Pandemie beschränkt sein, Tel.: 05253 / 9523700.
Ulrich Rückriems Skulpturenwald auf Zollverein in Essen
Ein märchenhafter, aber auch gebrochener Ort ist die birkenbewachsene Halde. Fünf seiner mächtigen Steinskulpturen hat Ulrich Rückriem hier platziert. Das Hauptwerk liegt auf einer Lichtung: Zehn mal zehn Meter nimmt der in vier Teile gespaltene Steinquader ein. Öffnungen an jeder Seite gewähren Eintritt in Rückriems zwei Meter hohes »Castell«. Im Zentrum angekommen, bietet sich ein zwiespältiges Raumerlebnis: Man findet sich wieder in einem Innenraum, der durch den freien Blick auf den Horizont gleichzeitig Außenraum ist. Eine interessante Geschichte am Rande: Mit seiner »Setzung« des gewaltigen Granitblocks ins Zentrum der ehemaligen Halde hatte der 1938 in Düsseldorf geborene Bildhauer gerade noch rechtzeitig die Anlage einer Mülldeponie an diesem ganz besonderen Ort verhindert.
Gelsenkirchener Straße 181, Essen; jederzeit geöffnet; frei zugänglich; Tel.: 0201/246810.
Insel Hombroich in Neuss
Immer wieder gern kommt man hierher. Die romantische Museumsinsel vor den Toren von Neuss hat ruhige Gewässer, wuchernde Gewächse, verwunschene Wege, das masurische Bauernhaus samt Künstlergarten von Anatol Herzfeld. Und die von Erwin Heerich erbauten Backstein-Pavillons, die zum Teil leer als begehbare Skulpturen wirken, zum Teil auch bestückt sind mit Kunst aus der grenzenlosen Sammlung von Karl-Heinrich Müller, dem inzwischen verstorbenen Initiator des »Kulturraums Hombroich«.
Minkel 2, Neuss; normalerweise April bis September: 10 bis 19 Ihr; Oktober bis März: 10 bis 17 Uhr; kostenplichtig; zugänglich sind inzwischen wieder der alte Park, der Pappelwald, die Aue, der Bauerngarten und die Terrasse, Tel.: 02182 / 8874000.