Normalerweise dreht sich bei einem Jazz-Trio alles um die Person am Klavier. Bei Gogo Penguin aus Manchester ist das anders. Da ist das Schlagzeug die Hauptattraktion. Als Bassist Nick Blacka beim sensationellen Konzert der Band in der Zeche Carl in Essen (den relativ neuen) Schlagzeuger Jon Scott vorstellt, ist das Publikum dementsprechend so aus dem Häuschen, das es gar nicht mehr aufhören will zu klatschen und zu jubeln.
Die Vorstellung darüber, wie ein Jazzkonzert ist, muss man Gogo Penguin so wie bei vielen anderen aktuellen englischen Jazz-Gruppen an der Eingangstür abgeben. Hier sitzen nicht vor allem ältere Menschen in Reihen, nippen am Rotwein, nicken wissend mit dem Kopf und beklatschen regelmäßig ein nett ausgeführtes Solo. Beim Trio aus Manchester bewegt sich ein gut durchmischtes Publikum im trotz Post-Corona-Problemen randvoll gefüllten Saal manchmal ekstatisch zur Musik, die meistens mehr nach elektronischer Clubmusik klingt als nach klassischem Jazz.
Breakbeats am Schlagzeug
Das liegt daran, dass Gogo Penguin nicht der klassischen Blues- oder Swing-basierten Lehre folgen, nicht von Standards her denken oder ihren Sound über Klavierlinien mit Blue Notes aufbauen. Hier dominiert der Rhythmus und der ist an Drum and Bass oder anderen aktuellen Clubmusiken geschult. Jon Scott spielt also Breakbeats am Schlagzeug und man sagt in diesen Fall gerne »wie ein Uhrwerk« oder »wie eine Maschine« – aber er tut es eben doch sehr menschlich mit sehr viel Gefühl für Dynamik und Akzente und seine Mitmusiker. Nick Blacka zupft den Bass teilweise mit Effekten und sorgt für wesentlich mehr als die Grundierung, er spielt auch Melodien und fügt andere wichtige Klangbausteine ein.
Pianist Chris Illingworth wirkt vielleicht etwas blass, ist für den Sound des Trios aber ebenso enorm wichtig: Sein Spiel wirkt oft wie eine Reminiszenz an die amerikanische Minimal Music, arbeitet mit vielen Wiederholungen und unmerklichen Verschiebungen. Auch er ist unglaublich exakt, hat ein untrügliches Gespür für Timing und das Konzept einer perfekten Klangfläche. Man muss erlebt haben, was die drei Musiker mit diesem Können ausrichten können: Das Publikum reagiert völlig enthusiastisch, feiert Hits wie »Hopopono« oder das vertrackte »One Percent«, das beim grandiosen Finale klingt wie ein defektes Soundsystem, über alle Maßen. Ein beglückender Abend.