»It’s wonderful« lautet der Titel des Abends, und er ist ebenso ironisch gemeint wie der Schönwetterprospekt an der Rückwand des Alten Malersaals. Denn die Stimmung ist bei Johann Kresniks »Choreographischem Theater« alles andere als sonnig. Von grenzenloser Freiheit hinter Schäfchenwolken will hier niemand etwas wissen. Lieber wäre den Tänzern ein festes Engagement. Da Kresniks Vertrag mit der Bonner Oper aber ausläuft und der 67-Jährige freischaffend tätig sein will, wird sich das Ensemble nach zwanzig Jahren auflösen. Die Tanzsparte am Theater stirbt mit. Eine Situation, wie sie an deutschen Häusern häufiger vorkommt. Ein kulturpolitischer Stoff, aber auch einer für die Tanzbühne? Ja, sagt Susanne Linke und nimmt mir ihrer Bonner Auftragsproduktion gleich den ganzen Kunstbetrieb ins Visier. In »It’s wonderful – still here? Still hier!« reiht sie zehn überwiegend satirische Tanzszenen aneinander. Szenen, die man – abgesehen vom tänzerischen Material – so noch nie von ihr gesehen hat. Von der grandiosen Choreografin erwartet man doch eher ein Stück, das sich über die Bewegungsqualität mitteilt, eine Arbeit, die Entwicklungen vollzieht, keine lose Szenenfolge plakativer Bilder. Experten schwafeln von Kunst und Körper, ein Dieter-Bohlen-Verschnitt winkt – inspiriert von TV-Castingshows – bei der Audition die Tänzer in menschenverachtender Weise hinaus. Eigentlich ein (Klischee-) Fall für Kresnik, mit dessen Ästhetik die Choreografie spielt. Nachdem die Bewerber beim Vortanzen alle durchgefallen sind, landen sie, gestylt und vernetzt, im Büro. Ihr Tanz legt Neurosen bloß, lässt uns aber kalt. Denn hier bewegt sich eine anonyme Gruppe, das Leid aber hat kein Gesicht. Der eindrucksvollste Moment gehört einem Mädchen in unschuldigem Volant-Rock. Wie eine untote Wilis aus »Giselle« geistert es unter den Büroleuten umher und fuchtelt – Allegorie des verröchelnden Tanzes – mit einem Messer herum. Auch ihr lässt Linke nicht genug Zeit und Raum, um die Rolle zu entwickeln. Zu eilig, zu kühl, zu konventionell rauscht der Reigen in 45 Minuten vorüber. Das Programmheft liest sich wie ein Pamphlet; das Stück tut keinem weh. Was bleibt, ist eine wohltuende Solidaritätsadresse an Kresnik und seine Kompanie. TROUWBORST
Ganz schön solidarisch
01. Okt. 2007