Geboren 1954 in Luxemburg; dort und in Heidelberg Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie, 1983 Promotion. Seit 1988 Professor für Regie am Konservatorium seiner Heimatstadt; 1997 Gründung des Théâtre National du Luxembourg. Über 90 nationale und internationale Inszenierungen u.a. in Deutschland, Frankreich, Luxemburg, der Schweiz. Seit 2004 Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen.
WELCHES KUNSTWERK, GLEICH WELCHEN GENRES, HAT IN IHNEN DIE STÄRKSTE EMOTION AUSGELÖST?
So vielfältig wie die Kunst ist, kann ich mich wirklich nicht festlegen! Ein Gemälde, das mich vor vielen Jahren bei einem Besuch in Den Haag besonders fasziniert hat, ist die »Ansicht von Delft« von Jan Vermeer. Minutenlang betrachtete ich damals den Himmel des Bildes und ich spürte seine beunruhigende Kraft. Die meisten Emotionen hat in mir jedoch die Literatur geweckt. Eines des ersten Bücher meiner imaginären Bibliothek war Kafkas »Verwandlung«, die ich als 14-Jähriger entdeckte. Diese Erzählung hat mich verändert, verwandelt.
WENN SIE VON IHRER EIGENEN INSTITUTION ABSEHEN, IN WELCHEM GEBÄUDE DER KULTUR WÜRDEN SIE GERN DIE NACHT VERBRINGEN?
In keinem! Kunst und Kultur bestimmen mein Leben, aber zum Abschalten brauche ich auch die räumliche Distanz. Wenn man die Dinge – zumindest in der Nacht! – aus der Ferne betrachtet, gibt das neue Impulse und verleiht der Kreativität einen Schub.
EIN SPONSOR ÜBERLÄSST IHNEN EINE MILLION EURO. WIE VERWENDEN SIE DAS GELD?
Gut!
WENN SIE NICHT WÄREN, WAS SIE SIND, WER ODER WAS HÄTTEN SIE SONST SEIN MÖGEN?
Heute nichts anderes. Früher wollte ich Schriftsteller werden, habe auch einiges geschrieben. Später träumte ich davon, ein Dirigent zu sein. Gleich dem Regisseur atmet und denkt dieser im Voraus.
WAS WÄRE FÜR SIE DAS GRÖßTE UNGLÜCK?
Wenn meiner Familie etwas geschehen würde.
WELCHES BAUWERK IN NRW MÖGEN SIE AM LIEBSTEN?
Der Kölner Dom. Ich habe ihn oft besucht. Als ich am Kölner Theater inszenierte, führte mich der Weg vom Bahnhof zum Theater jedes Mal durch den Dom. Ich habe eine Schwäche für den gotischen Baustil, seine zugleich gewaltige und grazile Schönheit.
WOMIT BEGINNEN SIE GEWÖHNLICH IHREN TAG?
Mit dem Aufstehen.
WAS KOMMT IHNEN IN DEN SINN, WENN SIE DAS WORT »PUBLIKUMSRENNER« HÖREN?
Der Begriff gefällt mir gar nicht. Es stellt sich mir die Frage: Wer rennt wohin? »Publikumsrenner« ist ein Begriff der Konsumgesellschaft. Das Theater braucht andere Vokabeln.
DIE AM HÄUFIGSTEN VORKOMMENDE BERUFSKRANKHEIT IN IHRER PROFESSION?
Mittelmäßigkeit und fehlende Notwendigkeit. Kunst bietet die einmalige Möglichkeit, dem Zuschauer, Leser, Betrachter eine Botschaft zu vermitteln. Fehlt diese Botschaft, stellt sich die Frage nach dem Sinn und der Notwendigkeit des künstlerischen Schaffens.
VON WELCHEM GROßEN MALER ODER FOTOGRAFEN HÄTTEN ODER WÜRDEN SIE SICH AM LIEBSTEN PORTRÄTIEREN LASSEN?
Vielleicht von Picasso. Das Resultat wäre sicherlich überraschend. Seine Bilder, die mit der Verzerrung der Wirklichkeit spielen, können – nur scheinbar paradox – entwaffnend präzise und »wirklich« sein.
WENN SIE DIE WAHL HÄTTEN, WÄREN SIE LIEBER FAUST ODER MEPHISTO?
Ich mag beide und erkenne mich auch in beiden wieder, in der Leichtigkeit des Mephisto, im Tatendrang und in der Dynamik eines Faust!
NENNEN SIE EIN BILD GEGEN SCHLECHTE LAUNE.
Ein Bild aus meiner Kindheit, das ich mir gerne vor mein inneres Auge rufe, ist die Natur meiner Heimat: Blühende, wachsende Felder vor grünen Wäldern.