// »Temps d’images«, das ist die »Zeit der Bilder« und der neuen Kunstformen, die im Zusammenspiel von zeitgenössischem Tanz, Theater, Film und Medien entstanden sind. Das Düsseldorfer »tanzhaus nrw« präsentiert diese Schau avantgardistischer Projekte vom 8. bis 24. Januar bereits zum vierten Mal – und gibt sich immer hochkarätiger. Während sich andernorts die Avantgarde im Experiment erschöpft, hat sie bei diesem Festival bereits Kunststatus erreicht. »Zwischen Wirklich« lautet der Untertitel der diesjährigen Ausgabe, die nach dem Verhältnis von (künstlerischer) Wirklichkeit und Medialität fragt, das sich in Performances, Installationen, Filmen und Chantiers (»Baustellen«) spiegelt. So hat der Berliner Choreograf Jo Fabian/Department mit »Living Types.as« ein Format entwickelt, das das Publikum selbst zum Tanzschöpfer macht. An fünf um den Raum installierten Tas-taturen beeinflussen die Zuschauer mittels spezieller Software Licht, Sound und Videoprojektionen. Sie geben Signale an zwei Tänzer, die diese in Bewegung umsetzen (10./11.1.).
Der Amerikaner Davis Freeman nimmt das Publikum in seinen Produktionen noch stärker in die Pflicht: In »Reflections«, einer zehnminütige Performance für je einen Zuschauer, sucht er das eigene Bild im Bild des Anderen. Sein Ausstellungsprojekt »Exposure«, zweiter Teil des Abends, darf nur betreten, wer bereit ist, sich fotografieren zu lassen und dieses Abbild als Teil der Installation zu akzeptieren (8. bis 11.1.). Der Choreograf Morgan Nardi und die visuelle Künstlerin Naoko Tanaka, sprich »Ludica«, entwickeln Szenen und Bilder um das Thema »In der Ecke stehen«. Die Produktion »The Corner«, die in Düsseldorf als Uraufführung zu sehen ist, ist aus der künstlerischen Begegnung mit dem Esten Sven Kuntu und der Dänin Annika B. Lewis hervorgegangen (15. u. 17.1.).
Auch die Kölner Medienkünstlerin Stephanie Thiersch präsentiert eine brandneue Arbeit: »blind.questions (all you need is love)«, eine Kreation aus Film und Live-Performance: Auf der Bühne wie auf der Leinwand – der Film wurde in Paris gedreht – geht es um die Liebe und ihre bedingungslosen Ansprüche. Vier Akteure kommentieren tanzend, singend und schauspielernd ihre eigene Bühnenrealität (23. u. 24.1.).
Tarek Halabys erste Solo-Performance scheiterte auf grandiose Weise. Wer Halabys letzten Auftritt im tanzhaus gesehen hat, wird das so schnell nicht vergessen. In »An attempt to under-stand my socio-political disposition through artistic research on personal identity in relationship to the Palestinian-Israeli conflict, Part one« machte er seine Resignation angesichts des Nahost-Konflikts zum Konzept und erklärte eine ganz Performance lang, warum er eine Performance nicht hinbekommen hat. Mit sicherem Instinkt für Stimmungen und Timing berichtete der Sohn einer Amerikanerin und eines nach Jordanien geflüchteten Palästinensers davon, wie er die Auseinandersetzungen im Land seines Vaters erlebt. Was er zu bezeugen hatte, war ihm so nahe gegangen, dass er sich ein Schutzschild aus Humor zulegte. Hinreißend komisch und gnadenlos grausam, zog Halaby die Zuschauer in seine Zwischenwelt, fesselte und manipulierte sie. Nun ist er mit »Finally I’m no one« zurück, um wieder mit drastischen Mitteln vorzuführen, was für viele Palästinenser aktuelle Lebensrealität ist. So sollen die Zuschauer vor einer Wand sitzen, auf die die von einer Überwachungskamera gefilmte Aktionen projiziert werden. Das Solo steht in enger Verbindung zur Ausstellung »Hatta Culture«, die Halaby zusammen mit der Fotografin Aurélie Berthe verantwortet. (21. u. 22.1.2009)