REZENSION ANDREAS WILINK
Da befindet man sich nun in einer unangenehmen Koalition: »The Promise« ist kein Film, den der türkische Groß-Pascha Erdogan mögen wird, aber es ist auch kein Film, den unsereiner empfehlen kann. Jetzt wird man Fatih Akins »The Cut« zu schätzen wissen, dem nicht ganz zu Unrecht sein melodramatisches Grundmuster vorgeworfen war, um den Genozid an den Armeniern zu schildern.
1914: Das Osmanische Reich tritt als Waffenbruder Deutschlands in den 1. Weltkrieg ein. Und nutzt die Gelegenheit, sich der armenischen Bevölkerung zu entledigen: durch Entrechtung, Pogrome, Verschleppung (die Türkei spricht von Evakuierung der Zivilbevölkerung), Massenmord. Einigen Tausend gelang die Flucht zum Musa Dagh und Rettung durch die französische Marine. Der US-amerikanische Reporter Chris Myers (Christian Bale) wird Zeuge der Massaker, macht sie publik und versucht den Opfern zu helfen. Michael Boghosian (Oscar Isaac), aus dem armenischen Dorf Siroun stammend, geht für sein Medizinstudium nach Konstantinopel und findet dort in Emre einen Freund, Sohn eines stramm nationalistischen Türken und einflussreichen Mannes.
Zudem verliebt er sich, obschon verlobt, im reichen Haus seines Onkels in die schöne, weltläufige Ana Khesarian (Charlotte le Bon). Regisseur Terry George mag als Vorbild an David Leans »Doktor Schiwago« gedacht haben, leider sieht das Ergebnis eher wie eine Karl-May-Verfilmung aus. Viel pittoreskes Elend, augenrollende Machenschaften, Brutalität, Schicksalsschläge, Eifersucht, edle Gefühle, Liebesweh. Was nützt historische Aufrichtigkeit angesichts der künstlerischen Bankrotterklärung, wobei letzteres für Erdogans Einwände gewiss keine Relevanz hat, sonst müsste er sein eigenes hagiografisches Biopic gleich mit verwerfen.
»The Promise«; Regie: Terry George; USA / Spanien 2016; 134 Min.; Start: 17. August 2017.