Es ist vollbracht – mit der »Götterdämmerung« ist nun der vor zwei Jahren am Dortmunder Opernhaus begonnene »Ring des Nibelungen « abgeschlossen. Doch das Glück scheint der Intendantin und Regisseurin Christine Mielitz, die im Thüringischen mit der Wagner- Tetralogie seinerzeit das viel besungene Meininger Theaterwunder geschaffen hatte, nun im Westen weniger hold. Das Regieteam musste kräftige Buhs entgegen nehmen, nachdem die musikalischen Leistungen akklamiert worden waren. Wohl auch deshalb, weil die Inszenierung bei Brünnhildes Schlussmonolog die Musik anhalten und die Interpretin einen nicht vertonten Originaltext Wagners sprechen ließ. Das war ziemlich überflüssig, lenkte indes die Aufmerksamkeit auf eine Regie, die den überlangen Abend hindurch wenig aufgefallen war. Denn auch das »Ring«-Finale macht nicht klarer, welche Geschichte Mielitz eigentlich erzählen will. Dass der Fluch des Goldes mit der Gegenwart zu tun hat, äußert sich vor allem in wiederkehrenden Bildern und Motiven: Straßenschluchten eines internationalen Finanzstandortes, Menschen im Bürodress oder in Springerstiefeln. Stefan Mayers Bühne bleibt auch am vierten Abend in steter Bewegung, dreht sich und kreist, lässt Vorhänge fallen und sich raffen. Viel Aktion, kaum ausdrucksstarke Bilder. Requisiten und Kostüme betonen noch das unsystematisch scheinende System der Zeichen. Dennoch gelingen Mielitz starke Momente dichter Personenregie (mit Jürgen Müller als Siegfried, Vidar Gunnasson als Hagen, Simon Neal als Gunther), doch wollen sich diese längst nicht zur schlüssigen Konzeption fügen. So wirkt der Zyklus in der Summe mutlos, hängen lange Passagen nur durch, was allerdings überwiegend Arthur Fagen anzulasten ist. Der scheidende GMD kann sich auch nach vorübergehender Belebung im »Siegfried« zu einem energischen, Spannung erzeugenden Zugriff nicht entschließen. Einerseits uninspiriert verzagt, tönen die Dortmunder Philharmoniker oft zu laut, die Relationen stimmen nicht, Höhepunkte verschenkt der Dirigent, Beiläufiges tritt er breit. Es wabert vor sich hin – so wie das Dauer-Dunkel auf der Bühne bald bloß lichtlos wirkt und Konturen schluckt. Das große Drama findet nicht statt. Bei Brünnhildes Schlussgesang (sehr achtbar: Jayne Casselman) wird man den Eindruck nicht los, ihr sei gerade mal nur ein ganz guter Job daneben gegangen. Der Weltenbrand als Betriebsunfall. REM
Downsizing Wagner
01. Mai. 2007