So geht das nicht. So geht uns das nichts an. Ein Regisseur, der sich dem deutschen Untergang widmet – auf der historischen Zeitachse ins mythische Burgunder- und Hunnenland verschoben, muss schon was wollen. Nehmen Sie Haltung an! – dürfte man da ausnahmsweise mal schnarren. Der Intendant des Schauspiels Essen, Anselm Weber, aber scheint, was ja ansonsten nicht verkehrt ist, durch und durch Zivilist. So werden die Schwerter der in Militärmäntel gehüllten Nibelungen zwar nicht zu Pflugscharen, aber doch zu putzigem Spielzeug, das sie eifrig polieren, wenn sie am Holztisch mit irdenem Geschirr hocken, während eine züchtige Maid brav Wolldecken faltet und stapelt. Im Hintergrund röhrt ein ausgestopfter Hirsch (Bühne Thomas Dreißigacker). Was soll’s? Die Recken um Gunther und Hagen, den Andreas Grothgar als richtig fiese Ratte spielt, sind muntere Gesellen, Siegfried ein Schreihals und blöd wie die Sportskanone Uwe Beyer im deutschen Kino der 60er Jahre, Etzel nicht für voll zu nehmen und Brunhild (Bettina Engelhardt) ein Fantasy-Girl mit Rocker-Braut-Vergangenheit, der man schon mal vorsichtshalber das Haupt mit Hörnern schmückte, die ihr im Ehebett ohnehin aufgesetzt werden.
Was Ordnung und Disziplin, Treue und Verrat, was Patriotismus, deutsche Tugend in seiner Fatalität, was in Gottes Namen Leitkultur, was Hybris oder kulturelle Selbstverleugnung, was die deutsche Familie, der deutsche Mann und die deutsche Frau sein könnten oder die Rezeption all dessen – keine Spur davon in diesem Aufsagetheater, das weder Bilder noch Bedeutung, kein Pathos, kein Requiem, keine Comedy oder irgend etwas anderes produziert. Drei Stunden Null. AWI